Hermann Leopoldi (geb. Kohn)

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Hermann Leopoldi
Bild: ÖNB

Personalia

Geboren:

15. August 1888, Wien

Gestorben:

26. Juni 1959, Wien

Beruf:

Komponist

Verfolgung:

Haft 24.05.1938 - 31.05.1938,
KZ Dachau 31.05.1938 - 22.09.1938,
KZ Buchenwald 22.09.1938 - 22.02.1939,
Emigration 06.03.1939

KZ-Nummer:

14661, 8454

Ehrungen:

Großes Silbernes Verdienstzeichen der Republik Österreich

Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich

Lebenslauf

Hermann Kohn kommt in Wien als ehelicher Sohn des Musikers Leopold Kohn und Hermine, geborene Wiener, zur Welt. Leopold Kohn entstammt einer alten jüdischen Musikerfamilie, auch Hermine Kohn ist jüdischen Glaubens. Hermann Kohn hat einen Bruder, Ferdinand Kohn. Sein Vater tritt unter dem Künstlernamen 'Leopold Leopoldi' auf.

Leopold Kohn bringt seinen Söhnen das Klavierspiel bei und bemüht sich um Engagements als Klavierbegleiter. 1911 heiratet er Eugenie Kraus und hat in der Folge einen Sohn und eine Tochter. Im gleichen Jahr ändert die gesamte Familie Kohn, inklusive seiner Eltern und seines Bruders, ihren Nachnamen auf Leopoldi.

1914 wird er in den I. Weltkrieg zum k.u.k. Infanterieregiment Nr. 4 'Hoch- und Deutschmeister' eingezogen. Dort betätigt er sich bald als Klavierhumorist und Kapellmeister im Frontvarieté. 1916 erfolgt sein erster großer Auftritt im Wiener Etablissement Ronacher. Nach dem Untergang Österreich-Ungarns, der Zerschlagung der Doppelmonarchie und der Vertreibung der Habsburger, kann Hermann Leopoldi seine Karriere in Wien voranbringen.

Anfangs als sein eigener Begleiter, dann mit Betja Milskaja, trägt Herrmann Leopoldi die größtenteils von ihm selbst komponierten (teilweise von Peter Herz und Theodor Waldau, seinen bevorzugten Autoren, getexteten) Wienerlieder, Schlager und Couplets vor (unter anderem: 'In einem kleinen Café in Hernals', 'Schön ist so ein Ringelspiel', 'Ich bin ein stiller Zecher', 'Überlandpartie', 'Powidltatschkerln', 'Schnucki', 'Heut' spielt der Uridil' und andere), die zu Evergreens werden.

1922 eröffnen die Brüder Leopoldi schließlich zusammen mit dem Conférencier Fritz Wiesenthal das Kabarett „Leopoldi-Wiesenthal“, kurz „L.W.“, in der Rothgasse 5 im 1. Wiener Gemeindebezirk. Das Lokal wird bald weit über die Landesgrenzen bekannt, muss aber bereits 1925 aus finanziellen Gründen schließen. Daraufhin gastieren sie in Berlin, in der Schweiz und unternehmen Tourneen.

Hermann Leopoldi wird langsam zu einem der populärsten Liederkomponisten und Vortragskünstler. Er komponiert die Musik zu Wienerliedern und Chansons, vertont Texte von Peter Herz, Rudolf Skutajan, „Salpeter“, Theodor Waldau, Robert Katscher, Fritz Löhner-Beda, Fritz Rotter oder Hanns Haller. Seine Bühnenpartnerin ist ab 1929 Betja Milskaja, geboren um 1907 in Odessa als Basia Meiltreiger. Gemeinsam gastieren sie unter anderem in Berlin, Paris, Budapest, Bukarest, Prag, Karlsbad und natürlich Wien.

Humoristische Rätselsendung "Freu dich nicht zu früh" des Senders 'Rot-Weiß-Rot': Übertragung aus dem Großen Saal des Wiener Konzerthauses.
Humoristische Rätselsendung "Freu dich nicht zu früh" des Senders 'Rot-Weiß-Rot': Übertragung aus dem Großen Saal des Wiener Konzerthauses. Helly Möslein und Hermann Leopoldi bei ihrem Vortrag.
Bild: ÖNB

Um dem unmittelbar drohenden Einmarsch der deutschen Wehrmacht und der Okkupation Österreichs zu entkommen am, fahren beide Brüder noch in der Nacht vom 11. März 1938 auf den 12. März 1938 zu einem schon geplanten Auftritt am 12. März nach Brünn. Der bereits mit Flüchtlingen überfüllte Zug, unter ihnen ist auch Fritz Grünbaum, wird an der tschechischen Grenze angehalten. Edvard Beneš hat die Grenze für Flüchtlinge sperren lassen, und so werden alle zurückgeschickt. Am 24. Mai 1938, Hermann Leopoldi hat zusammen mit seiner Frau bereits die Einreise in die USA vorbereitet, wird er aus seiner Wohnung zur „Auskunft“ ins Polizeikommissariat gebracht und von dort in das Notgefängnis in der Karajangasse. Am 31. Mai 1938 wird er in das KZ Dachau deportiert, wo er gemeinsam mit Fritz Grünbaum, Paul Morgan und Fritz Löhner-Beda inhaftiert ist. Am 22. September 1938 werden sie in das KZ Buchenwald überstellt. Dort entsteht das Buchenwaldlied, zu dem Hermann Leopoldi auf den Text von Löhner-Beda die Musik komponiert.

Wenn der Tag erwacht, eh’ die Sonne lacht,
die Kolonnen ziehn zu des Tages Mühn
hinein in den grauenden Morgen.
Und der Wald ist schwarz und der Himmel rot,
und wir tragen im Brotsack ein Stückchen Brot
und im Herzen, im Herzen die Sorgen.

O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen,
weil du mein Schicksal bist.
Wer dich verließ, der kann es erst ermessen,
wie wundervoll die Freiheit ist!
O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen,
und was auch unser Schicksal sei,
||: wir wollen trotzdem ja zum Leben sagen,
denn einmal kommt der Tag: dann sind wir frei! :||

Und das Blut ist heiß und das Mädel fern,
und der Wind singt leis, und ich hab’ sie so gern,
wenn treu sie, ja, treu sie nur bliebe!
Und die Steine sind hart, aber fest unser Tritt,
und wir tragen die Picken und Spaten mit
und im Herzen, im Herzen die Liebe.

O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen …

Und die Nacht ist kurz, und der Tag ist so lang,
doch ein Lied erklingt, das die Heimat sang:
wir lassen den Mut uns nicht rauben.
Halte Schritt, Kamerad, und verlier nicht den Mut,
denn wir tragen den Willen zum Leben im Blut
und im Herzen, im Herzen den Glauben.

O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen …

Buchenwaldlied von Fritz Löhner-Beda und Hermann Leopoldi

Inzwischen kann seine Frau Eugenie Leopoldi, die bereits in den USA ist, und deren Eltern Hermann Leopoldi 'freikaufen' und schicken ein Affidavit. Hermann Leopoldi wird am 22. Februar 1939 aus dem KZ Buchenwald entlassen und Emigriert am 6. März 1939 über Hamburg nach New York, wo er von Familie und Reportern erwartet wird. Gleich nach dem Betreten amerikanischen Bodens küsste er diesen, ein Bild, das um die Welt geht.

Dieser Beginn hilft ihm beim Einstieg in das amerikanische Unterhaltungsgeschäft. Bald tritt er in 'Eberhardt's Café Grinzing' in New York mit seinen Wiener Liedern auf und lernt dort Helly Möslein, seine spätere Bühnen- und Lebenspartnerin, kennen. Mit den ebenfalls emigrierten Textdichtern wie Robert Gilbert, Kurt Robitschek, Arthur Berger und auch mit Helly Möslein wird Hermann Leopoldis Repertoire an die neue Sprache angepasst. Am 27. Juli 1944 nimmt er die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten von Amerika an. Im Herzen bleibt Hermann Leopoldi jedoch überzeugter Österreicher.

[…]

Ich war also gezwungen die geliebte Heimatstadt Wien, mit der mein künstlerisches Schaffen zeitlebens innigst verknüpft war, zu verlassen, nach Amerika zu emigrieren und aus beruflichen Gründen die dortige Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ich habe zwar die zweite, die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben, aber de facto fühle ich mich nach wie vor als Österreicher.

[…]

Hermann Leopoldi am 16. Juni 1952

In den Vereinigten Staaten von Amerika erlebt Hermann Leopoldi die Befreiung Österreichs von den nationalsozialistischen Besatzern und die Wiedererrichtung der Republik im April bzw. Mai 1945. 1947 kehren er und Helly Möslein er auf Einladung von Unterrichtsminister Felix Hurdes sowie des Wiener Kulturstadtrates Viktor Matejka nach Wien zurück. Hermann Leopoldi kann dort weitermachen, wo er 1938 jäh unterbrochen wurde. Bars, Varietés, Vergnügungslokale reissen sich um ihn, er unternimmt gemeinsam mit Helly Möslein Tourneen durch Österreich, Deutschland und die Schweiz. 1955 bekommt Helly Möslein den gemeinsamen Sohn Ronald.

Hermann Leopoldi verstirbt mit 70 Jahren in Wien und findet seine letzte Ruhestätte in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof. Seine Lebenspartnerin Helly Möslein überlebt ihm 39 Jahre.

Orte

Wohnort:

Verfolgung:

KZ Dachau (Deutschland), KZ Buchenwald (Weimar, Deutschland)

Ehrung:

Hermann Leopoldi Weg (Wien), Hermann Leopoldi Park (Wien), Leopoldigasse

Quellen

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)

Wikipedia unter de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Leopoldi

Wien.Geschichte.Wiki unter www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hermann_Leopoldi

www.geni.at

Hermann Leopoldi

Komponist
* 15. August 1888
Wien
† 26. Juni 1959
Wien
Emigration, Haft, KZ Buchenwald, KZ Dachau