Dr. Aloisia Franziska (Luise) Wottle

Photo von Aloisia Wottle
Aloisia Wottle (Landesarchiv NÖ)

Personalia

Geboren:

7. Juli 1904, Wien

Gestorben:

14. September 1984, Tulln

Beruf:

Redakteurin

Verfolgung:

Haft 29.10.1938 - 17.11.1939,
KZ Ravensbrück 17.11.1939 - Dezember 1941

Mitgliedschaften

ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich

Lebenslauf

Aloisia Franziska Wottle, auch Luise genannt, wird als eines von vier ehelichen Kindern des Industriellen Johann Wottle und Caroline, geborene Saar, im 16. Wiener Gemeindebezirk geboren. Nach Absolvierung der Volksschule besucht sie das Halbinternat der katholischen Privatschule Sacre-Coeur im 3. Wiener Gemeindebezirk, wo sie 1926 maturiert. Danach besucht die sie Akademie für Musik und darstellende Kunst mit den den Hauptfächern Klavier, Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition. 1929 schließt sie diese Ausbildung mit der Lehramtsprüfung für Musik für Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten ab.

1930 inskribiert Aloisia Wottle Philosophie, Ästhetik und Musikwissenschaft an der Universität Wien, muss das Studium jedoch aufgrund des Konkurses der Fabriken ihres Vaters, dem Eisenwerk Favoriten und der Maschinenfabrik Hans Wottle 1932 das Studium unterbrechen. Die nächsten Jahre verbringt sie in Polen, Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden und erteilt Sprachunterricht sowie Nachhilfe und arbeitet als Bürokraft.

1937 kehrt sie zurück und arbeitet für die von einem späteren Emigranten herausgegebene Zeitschrift Agence Telegrafique de la presse.

Als Redakteurin erlebt Aloisia Wottle den Untergang des freien und unabhängigen Österreichs, als am 12. März 1938 deutsche Truppen einmarschieren. Als Gegnerin des Nationalsozialismus schreibt sie auch nach dem Einmarsch anonym die Artikel 'Der Schwarze Sonntag', ‘Gesinnungsterror’ und ‘Nazi unter sich’ für diese Zeitschrift.

Bald danach verfaßt Aloisia Wottle die Gedichte ‘Wer ist des Grusses wert?’ und ‘Gebet’.

Wer ist des Grußes wert?

Nur wer Verrat getrieben, an Öst'reichs Volk und Land, den grüße mit Heil Hitler und hoch erhobener Hand!

Nur wer den Eid gebrochen, ein “echter deutscher" Mann, den grüße mit Heil Hitler, denn diesen geht es an!

Nur wer den Glauben leugnet, der Kirche Rechte nimmt, den grüße mit Heil Hitler, dem ist der Gruß bestimmt!

Nur wer die Toten schändet, und ihre Mörder ehrt, den grüße mit Heil Hitler, der ist des Grußes wert!

Das von Aloisia Wottle verfaßte Gedicht 'Wer ist des Grußes wert?'

Gebet

Allgütiger dort über den Sternen, Heil Hitler von seinem Größenwahn, und mach, dass in nicht allzufernen Tagen, Österreich wieder aufatmen kann.

Heil Hitler von seinem Aberglauben, dass Recht und Gewalt dasselbe sei, und dass man durch Terror, Morden und Rauben, ein friedliches Bruderland befreit.

Heil Hitler und lass ihn endlich erkennen, dass die Schreier in Österreich, die wie blindwütige Horden die Straßen durchrennen, nur unreife Schulpolitiker sind.

Heil Hitler soweit, dass er wenigstens ahne, dass Österreich noch lange kein Preussen ist, und dass es trotz der Hakenkreuzfahne, immer noch seine Kultur nicht vergisst.

Heil Hitler und seine Parteigenossen, klär ihren Geist, ihr Herz erweich, dass nicht nutzlos das Blut unseres Kanzlers geflossen, für ein unabhängiges Österreich.

Kamerad!

Ist auch der deutsche Gruß heute Pflicht, lass es dich künftig hin nicht verdriessen. Denn, denkst du dabei an dieses Gedicht, kannst lächelnden Mundes Heil Hitler du grüßen.

Das von Aloisia Wottle verfaßte Gedicht 'Gebet'

Aloisia Wottle gibt diese Gedichte an ihre beiden Schwestern Emma und Hedwig Wottle weiter, die diese direkt oder indirekt an Irma Schobel, Gustav Rotter, Vera Schwarz, Edith Breuer, Aloisia Kellner, Mathilde Haslauer, Kurt Jelinek, Marie Regner und Alfred Perner weitergeben.

Im Rahmen einer Hausdurchsuchung der Gestapo bei Kurt Jelinek werden die Gedichte gefunden und zu Aloisia Wottle zurückgeführt.

Am 29. Oktober 1938 Aloisia Wottle von der Gestapo verhaftet. Selbst in der Haft versucht sie, ns-kritische Artikel über ihre ebenfalls inhaftierte Schwester Emma Wottle nach außen zu schmuggeln.

Vom Landesgericht Wien wird Aloisia Wottle wegen Vorbereitung zum Hochverrat in ‘Schutzhaft’ genommen und am 17. November 1939 in das KZ Ravensbrück deportiert. In ihrem Block ist sie die Bettnachbarin der sozialistischen Widerstandskämpferin Rosa Jochmann. Die, Aloisia Wottle im KZ Ravensbrück zugefügten, psychischen Verletzungen werden sie lebenslang begleiten. Um Weihnachten 1941 wird sie schließlich aus der Haft entlassen.

1942 nimmt Aloisia Wottle wieder ihr Studium an der Universität Wien auf. Sie promoviert unmittelbar nach der Befreiung Österreichs im Juli 1945. Der Titel ihrer Dissertation lautet Das ästhetische Objekt.

Nach dem Krieg arbeitet Aloisa Wottle in Redaktionen verschiedener Zeitschriften, die psychischen Misshandlungen, die sie im KZ Ravensbrück erlebte, zwingen sie jedoch immer wieder zu Aufenthalten in Nervenheilanstalten und schließlich in die Berufsunfähigkeit.

Aloisia Wottle verstirbt ledig und kinderlos mit 82 Jahren in Tulln in Niederösterreich.

Orte

Wohnort:

Verfolgung:

KZ Ravensbrück (Fürstenberg/Havel, Deutschland)

Quellen

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)

Landesarchiv Niederösterreich

Archiv Universität Wien

Matricula Online

Aloisia Wottle

Redakteurin
* 7. Juli 1904
Wien
† 14. Sep. 1984
Tulln
Haft, KZ Ravensbrück