Vera von Schuschnigg

Personalia

Geboren:

4. Juni 1904, München

Gestorben:

18. September 1959, Kirkwood

Beruf:

Ehefrau des Bundeskanzlers

Verfolgung:

Kontaktperson zwischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg und der AFÖ

Mitgliedschaften

Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich

Lebenslauf

Vera Gräfin Czernin von und zu Chudenitz wird in München geboren und ist in erster Ehe mit Leopold Graf Fugger verheiratet. Mit ihm hat sie 4 gemeinsame Kinder. Jedoch zerbricht die Ehe, wird 1936 geschieden und 1937 kirchlich annulliert. In dieser Zeit lernt sie den österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg kennen.

Nach den sich überschlagenden Ereignissen in der Nacht vom 11. März 1938 auf den 12. März 1938 kehrt der, unter dem Druck Adolf Hitlers zurückgetretene autoritäre Bundeskanzler, erschöpft und resigniert in seine Wohnung auf dem Gelände des Schloss Belvederes zurück. Entgegen dem Drängen seiner Familie und seines Mitarbeiters, Oberstleutnant Georg Bartl, entscheidet er sich gegen die Flucht.

Bereits am Morgen des 12. März 1938 wird er gemeinsam mit Vera, seinem Vater Feldmarschalleutnant Arthur von Schuschnigg, seinem Mitarbeiter Oberstleutnant Georg Bartl und zwei Hausangestellten in seiner Wohnung festgesetzt und von der Außenwelt abgeschnitten. Am 28. Mai 1938 wird Kurt von Schuschnigg unter Haft gestellt und in der Gestapo-Zentrale im Hotel Metropole am Morzinplatz eingesperrt.

Vera Gräfin Czernin von und zu Chudenitz heiratet in dieser Zeit Kurt von Schuschnigg per procurationem. Per procurationem bedeutet Trauung per Stellvertreter. Nachdem ihr Bräutigam Kurt inhaftiert ist und sie ihn nicht besuchen kann, ist es nach katholischem Recht zulässig eine Ferntrauung durch einen Stellvertreter durchführen zu lassen. Im Falle der Schuschniggs wird Kurt von seinem Bruder Arthur von Schuschnigg vertreten. Kurt von Schuschniggs Vater, Feldmarschalleutnant Arthur von Schuschnigg und ein Mesner fungieren als Trauzeugen dieser Nottrauung. Die Eheschließung findet am 1. Juli 1938 in der Wiener Dominikanerkirche statt.

Aufgrund der Eheschließung darf Vera von Schuschnigg ihren Ehemann einmal wöchentlich besuchen. Dies ist sein einziger Kontakt mit der Außenwelt in dieser Zeit. Kurt von Schuschnigg magert sehr ab und ist selbstmordgefährdet. Am 29. Oktober 1939 wird er ohne vorherige Bekanntgabe nach München verlegt. Seine Frau Vera zieht sofort nach, um bei ihm sein zu können. Die Gestapo erlaubt nunmehr auch längere Treffen ohne Überwachung. 1941 wird Veras und Kurts Tochter, Maria Dolores Elisabeth geboren.

Am 9. Dezember 1941 wird Kurt von Schuschnigg in das KZ Sachsenhausen verlegt. Dort wird ihm ein kleines Holzhaus zugewiesen. Um bei ihm zu sein, zieht seine Ehefrau Vera mit der gemeinsamen Tochter ebenfalls in dieses Holzhaus. Im Gegensatz zu ihrem Ehemann, ist Vera weniger streng überwacht.

Die Widerstandsgruppe Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs (AFÖ) baut in dieser Zeit Kontakt zu dem ehemaligen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg auf. Vera und Schuschniggs Sohn aus erster Ehe, Kurt dienen hier als Mittelsmänner. Sie berichten über Aktivitäten und bringen dem ehemaligen Bundeskanzler Lebensmittelpakte.

Letztlich zeugt auch die Planung der deutschen Widerstandsbewegung, dass man Schuschnigg als potentielle Kraft innerhalb eines großdeutschen Widerstands weiterhin im Gedächtnis bewahrt hatte. (Dieter A. Binder/Heinrich Schuschnigg)

Kurz von Kriegsende werden Kurt von Schuschnigg, seine Frau Vera und seine Tochter in das KZ Flossenbürg und das KZ Dachau verschleppt, bevor er am 4. Mai 1945 von den Amerikanern befreit wird. Unter dem Befehl von SS-Obersturmführer Edgar Stiller und SS-Untersturmführer Bader, die den Auftrag haben, die Gefangenen im Zweifelsfall zu liquidieren, brechen sie in drei Gruppen am 17., 24. und 26. April 1945 mit Bussen und Lastwagen in die Dolomiten auf. Im Südtiroler Niederdorf zwingt am 30. April der Wehrmachts-Hauptmann Wichard von Alvensleben auf Befehl seines Vorgesetzten Heinrich von Vietinghoff mit seiner Kompanie die SS zur Aufgabe und zum Abzug. Am 4. Mai 1945 werden Vera von Schuschnigg, und ihre Familie wie die anderen Geiseln von den Amerikanern übernommen.

Über Italien gelangt Vera von Schuschnigg mit ihrer Familie in die USA wo sie die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen. Dort verstirbt sie 1959.

Heinrich Schuschnigg aus einer Ansprache anlässlich der Präsentation von „Sofort Vernichten. Die vertraulichen Briefe Kurt und Vera von Schuschniggs 1938–1945“ Wien-München 1997:

Der eigentliche Held dieser ganzen Epoche der Familiengeschichte ist eine Frau, nämlich Vera von Schuschnigg. Vera, aus einem alten feudalen Haus Böhmens stammend (Czernin-Chudenitz), in erster Ehe mit einem Grafen Fugger verheiratet, nimmt teil am Schicksal eines Mannes, der eben in seiner Karriere von ganz oben nach ganz unten abgestürzt ist. Sie teilt als Ehefrau seine Gefangenschaft dreieinhalb Jahre von innen. Sie erlebt während dieser Zeit den Tod ihrer Mutter und ihrer Schwester. Sie kümmert sich liebevoll um das Schicksal ihrer Kinder aus erster Ehe, dann noch um ihren Stiefsohn Kurt junior. Sie zieht ein Kind auf, das die ersten vier Jahre seines Lebens hinter Spezialdraht verbringt. Sie erbt während ihrer Gefangenschaft eines der bedeutendsten und kostbarsten Gemälde der europäischen Kunstgeschichte, nämlich Jan Vermehrs „Malkunst“ und verliert es bald darauf durch Erpressung der Machhaber. Sie erlebt die politische Ächtung ihres Mannes nach dem Krieg und die Emigration nach Amerika. Sie stirbt an einem Krebsleiden, das sie seit ihrem keineswegs freiwilligen sondern erkämpften KZ-Aufenthalt mit sich herumschleppt nach einer sehr glücklichen einundzwanzigjährigen Ehe.

Orte

Wohnort:

Quellen

  • Liebmann, Maximilian/Schuschnigg, Heiner/Taus, Gerhard/Wolkerstorfer, Otto (2001): Für Staat und Kirche zum Tode verurteilt. Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich (Wien), S. 61–69.

Wikipedia

Vera von Schuschnigg

Ehefrau des Bundeskanzlers
* 4. Juni 1904
München
† 18. Sep. 1959
Kirkwood