Dr. Kurt von Schuschnigg
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Hausarrest 12.03.1938 - 28.05.1938, Haft 28.05.1938 - 09.12.1941, KZ Sachsenhausen 09.12.1941 - 09.02.1945, KZ Flossenbürg 09.02.1945 - 07.04.1945, KZ Dachau 07.04.1945 - 24.04.1945
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Eingangs muss festgehalten werden, dass Kurt von Schuschnigg, als Bundeskanzler Österreichs von 1934 bis 1938 oberster Vertreter des autoritären Ständestaats war. Diese Kanzlerdiktatur, welche den Februaraufstand der Sozialisten brutal und mit Hilfe des Bundesheeres niederschlagen ließ, bekämpfte auch mit allen Mitteln den Nationalsozialismus, welcher seine Hand nach Österreich ausstreckte. Eines der wohl größten Versagen, welches Kurt von Schuschnigg vorzuwerfen ist, ist dass er entgegen dem Verlangen u. a. von Leopold Kunschak, Josef Reither u.v.a. nicht den Ausgleich mit den Sozialdemokraten im Kampf gegen den Nationalsozialismus suchte, sondern seine Linie unbeirrt fortführte.
Die Redakteure dieser Seite haben sich lange mit der Frage auseinandergesetzt, ob Kurt von Schuschnigg ein digitaler Stolperstein zu setzen sei, kamen jedoch zu der Überzeugung, dass hier alle Opfer, Verfolgte und Widerstandskämpfer, die Mitglied von katholisch/christlichen Studentenverbindungen mit Stichtag 12. März 1938 ihren Platz hätten. Kurt von Schuschnigg war jedenfalls ein Opfer des Nationalsozialismus, weshalb er hier auch erwähnt werden solle.
Kurt von Schuschnigg wird als Sohn eines k. u. k. Offiziers in Riva del Garda, dem südlichsten Punkt des damaligen Tirols, geboren. Nach der Volksschule besucht er 1907 in Feldkirch das Jesuitengymnasium „Stella Matutina“. Nach der Matura rückt er 1915 als Einjährig-Freiwilliger ein, nimmt an der 6. Isonzoschlacht teil und gerät Ende des Ersten Weltkriegs als Leutnant in italienische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im September 1919 nach Österreich zurückkehrt. Er beginnt anschließend in Innsbruck das Studium der Rechtswissenschaften und wird 1919 Mitglied der Studentenverbindung Austria Innsbruck. 1921 promoviert er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Nach Gerichtspraxis und Konzipientenzeit wird er Teilhaber einer Rechtsanwaltspraxis in Innsbruck. 1924 tritt er der Christlichsozialen Partei [CSP] bei, kandidiert bereits 1927 zum Nationalrat und zieht dort mit 29 Jahren als jüngster christlich-sozialer Abgeordneter [bis 1933] ein. 1932 wird er Justizminister im Kabinett Karl Bursch II [† 1936] und anschließend bis 1934 mit der Leitung des Bundesministeriums für Justiz betraut. Als Bundeskanzler Engelbert Dollfuss am 25.7.1934 von den Nationalsozialisten umgebracht wird, betraut Bundespräsident Wilhelm Miklas [1928–1938, † 1956] Kurt von Schuschnigg am 29.7. mit der Bildung einer neuen Regierung. Neben dem Amt des Bundeskanzlers ist er auch mit der Leitung des Bundesministeriums für Unterricht [1934–1936] sowie für Land- und Forstwirtschaft [1936] und für Heerwesen (der Landesverteidigung) [1934–1938] betraut.
Nach dem Berchtesgadener Abkommen mit Adolf Hitler vom 12.2.1938, in dem Kurt von Schuschnigg gezwungen wird, das Verbot der NSDAP in Österreich aufzuheben und die Nationalsozialisten an der Regierung zu beteiligen – Arthur Seyß-Inquart wird zum Innen- und Sicherheitsminister ernannt – beschließt er am 9.3.1938, für den 13.3.1938 eine Volksbefragung über die Unabhängigkeit Österreichs abzuhalten. Dieser Beschluss löst die Ereignisse aus, die zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich führen. Kurt von Schuschnigg tritt am 11.3.1938 zurück und teilt diesen Entschluss im Radio mit, wo er mit den Worten endet: „Gott schütze Österreich!“
Kurt von Schuschnigg wird am 12.3. im Belvedere unter Hausarrest gestellt, bis Ende Mai 1938 ist er zunächst in Wien in der Gestapoleitstelle Hotel Metropole inhaftiert und ab Oktober 1939 in München in Gestapohaft Nach Verhören im RSHA in der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin wird er unter dem Decknamen „Dr. Auster“ bis Februar 1945 (zusammen mit seiner Familie) in verschiedene K.Zs überstellt, ab 1941 ins KZ Sachsenhausen, dann ins KZ Flossenbürg, wo er jeweils als „prominenter Häftling“ eine Sonderstellung innehat. Im April 1945 wird Kurt von Schuschnigg in das KZ Dachau verlegt, wohin auch andere Sonder- und Sippenhäftlinge aus verschiedenen KZs als Geiseln zusammengezogen worden sind. Als sich gegen Ende des Krieges im April 1945 die amerikanischen Truppen München nähern, wird er zusammen mit 138 weiteren „prominenten“ Gefangenen, sog. Sonderhäftlinge aus sechzehn Nationen [unter ihnen der evangelische Theologe Martin Niemöller (seit 1937 in Haft) und der spätere Weihbischof Johannes Neuhäusler, München], unter dem Befehl von SS-Obersturmführer Edgar Stiller und SS-Untersturmführer Bader, die den Befehl haben, im Zweifelsfall alle Gefangenen zu liquidieren, in LKW und Bussen in die Dolomiten in Marsch gesetzt. Der Gefangenentransport geht von Dachau über Rosenheim und Kufstein zunächst ins AEL Reichenau; am 28.4. trifft er in Niederdorf/Südtirol ein.
Eine zu Hilfe gerufene Wehrmachtskompanie unter dem Befehl von Hauptmann Wichard von Alvensleben (1902–1982) zwingt am 30.4.1945 die SS zur Aufgabe und zum Abzug. Die Geiseln werden befreit und am selben Abend in das Hotel „Pragser Wildsee (ital. Lago di Braies) in den Südtiroler Dolomiten in 1456 m Höhe gebracht, wo sie ihre Zimmer beziehen können. Zu ihrem Schutz gegen italienische Partisanen und die Gestapo in Klagenfurt stehen achtzig Grenadiere aus Toblach bereit.
Am 4.5. treffen zwei Tage nach der Kapitulation der deutschen Truppen in Italien amerikanische Soldaten eines Infanterieregiments der 85. Division der Fünften US-Armee am Pragser Wildsee ein, entwaffnen die deutschen Wehrmachtssoldaten und verbringen sie in ein Kriegsgefangenenlager. In zwei Transporten am 8. und 10.5. werden die befreiten Geiseln über Verona nach Neapel gebracht, wo sie nach Nationen getrennt werden. Die Odyssee endet auf der Insel Capri.
Kurt von Schuschnigg bleibt mit seiner Familie zunächst zwei Jahre in Italien. Da ihm die Rückkehr nach Österreich von den Alliierten und der österreichischen Regierung verweigert wird und er der Österreichischen Innenpolitik nicht im „Wege“ stehen will, geht er als Universitätsprofessor mit einem Lehrauftrag für Völkerrecht sowie mittel- und osteuropäische Studien nach St. Louis (Mo) in den USA, wird amerikanischer Staatsbürger und kehrt erst 1967 in seinen letzten Lebensjahren nach Österreich (nach Mutters/Tirol) zurück.
1946 hat er seine Memoiren unter dem Titel: „Ein Requiem in rot-weiß-rot“ geschrieben und rückblickend schildert er 1969 seine Erlebnisse als Bundeskanzler: „Im Kampf gegen Hitler“.
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 313 - 315.
Photo: Biolex des ÖCV unter www.oecv.at/biolex; Stand: 14.10.2022.