Josef Reither

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Josef Reither (ÖCV)

Personalia

Geboren:

26. Juni 1880, Langenrohr

Gestorben:

30. April 1950, Tulln

Beruf:

Landeshauptmann von Niederösterreich

Verfolgung:

Haft 13.03.1938 - 02.04.1938,
KZ Dachau 02.04.1938 - 27.09.1939,
KZ Flossenbürg 27.09.1939 - 02.03.1940,
KZ Dachau 02.03.1940 - 26.06.1941,
Haft 22.07.1944,
KZ Ravensbrück 22.07.1944 - 15.01.1945,
Haft 15.01.1945 - 22.04.1945

KZ-Nummer:

13832

Ehrungen:

Großkreuz des österreichischen Verdienstordens

Mitgliedschaften

K.Ö.H.V. Franco-Bavaria Wien, K.Ö.St.V. Aggstein St. Pölten, K.Ö.St.V. Comagena Tulln, ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich

Lebenslauf

Josef Reither zählt zu den markantesten Persönlichkeiten der Österreichischen Bauernschaft. Er kommt am 26. Juni 1880 als ehelicher Sohn des Landwirts Josef Reither und Anna, geborene Mogg, in Langenrohr bei Tulln zur Welt, wo er später den elterlichen Hof übernimmt. Seit frühester Jugend betätigt er sich im öffentlichen Leben für die Anliegen der Bauernschaft. Mit 27 Jahren gründet er 1907 eine Raiffeisenkasse, mit 32 Jahren wird er Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. 1909 heiratet er Magdalena Schrack. Das Amt des Bürgermeisters übt er bis 1924 aus. 1922 gehört Josef Reither zu den Gründern der NÖ-Landwirtschaftskammer, übernimmt hier zunächst die Funktion des Vizepräsidenten und ab 1925 die des Präsidenten. 1928 wird er zum Obmann des NÖ Bauernbundes gewählt. Im Ständestaat wird er 1934 zum Präsidenten des Österreichischen Reichsbauernbundes bestellt.

Neben diesen Funktionen in der Vertretung der bäuerlichen Interessen ist Josef Reither auch politisch weiter tätig: 1921–1934 gehört er dem NÖ Landtag an. 1925 wird er in die Landesregierung gewählt und zum Landeshauptmannstellvertreter bestellt. 1931 wird er zum Landeshauptmann gewählt; diese Funktion übt er bis 1938 aus, unterbrochen 1932/33 als Landeshauptmannstellvertreter und 1934/35, als er zum Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ernannt worden ist, wo er nur geschäftsführender Landeshauptmann ist. Er wird in dieser Zeit Mitglied der Mittelschulverbindungen Comagena Tulln und Aggstein St. Pölten, sowie der Studentenverbindung Franco-Bavaria in Wien.

Josef Reither ist ein scharfer Gegner des Nationalsozialismus und Landesobmann der Vaterländischen Front Niederösterreich. In dieser Funktion stemmt er sich vehement gegen die deutschen Annexionspläne. Er wird am 13. März 1938, einen Tag nachdem die deutsche Wehrmacht in Österreich einmarschiert ist, verhaftet und mit dem sogenannten ‘Prominententransport’ am 1. April 1938 in das KZ Dachau deportiert. Nach der Enthaftung am 26. Juli 1941 lebt er unter dauernder Bespitzelung auf seinem Hof in Langenrohr. Trotzdem kann er Kontakte zu Widerstandskreisen knüpfen. In Judenau kommt es am 4. Mai 1944 zu einem konspirativen Treffen, an dem u.a. Leopold Figl und Edmund Weber teilnehmen, wo u.a. die zukünftige Politik nach dem Ende des Krieges besprochen wird. Da Josef Reither auch Kontakte zu führenden Personen hat, die in das Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 verwickelt sind, wird er am 22. Juli 1944 neuerlich verhaftet und im Bezirksgericht Tulln inhaftiert. Von dort wird er ins Gestapo-Hauptquartier in Wien im Hotel Metropol überstellt. Zunächst wird er zweimal für je einen Tag freigelassen, um zu erkunden, zu welchen verdächtigen Personen er Kontakt aufnimmt. Dann wird er in das KZ Ravensbrück deportiert und von dort in das Berliner Gefängnis Moabit verlegt, wo er mit dem ehemaligen Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl zusammentrifft. Auf dem Heimweg aus Berlin trifft er auf die Sozialdemokratin Rosa Jochmann.

In Berlin sprach uns ein magerer Mann in österreichischer Mundart an. Er bat, mitgenommen zu werden. Ich sagte ihm, dass wir nur ehemalige KZ-Häftlinge befördern dürfen. ‚Ich bin auch KZler‘, antwortete der Mann. Es war der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Josef Reither. Er war einer jener Christlichsozialen, die sehr gern eine Brücke zur Sozialdemokratie gebaut hätten – ähnlich wie auch Leopold Kunschak. Natürlich nahmen wir dann Josef Reither mit und wiesen ihm den schönsten Platz zu […].

Die österreichische Sozialdemokratin Rosa Jochmann erzählt über ihre Heimkehr aus dem KZ Ravensbrück

Josef Reither kehrt nach einem Krankenhausaufenthalt im St. Hedwigs-Spital in Berlin am 10. Juli 1945 nach Wien zurück und übernimmt am 15.Oktober 1945 von Leopold Figl, der ihn zwischenzeitig vertreten hat, bis 1949 das Amt des Landeshauptmannes von Niederösterreich. Er wird Mitglied der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich, verstirbt mit 69 Jahren im Krankenhaus Tulln und findet seine letzte Ruhestätte am Friedhof in Langenrohr.

Orte

Verfolgung:

KZ Dachau (Deutschland), KZ Flossenbürg (Deutschland), KZ Ravensbrück (Fürstenberg/Havel, Deutschland)

Ehrung:

Reitherstraße (Tulln), Josef Reither Straße (Langenrohr), Josef Reither Ring (Groß-Enzersdorf), Josef Reither Gasse (St. Pölten)

Wohnort:

Quellen

Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 278 - 280.

Matricula Online

Josef Reither

Landeshauptmann von Niederösterreich
* 26. Juni 1880
Langenrohr
† 30. April 1950
Tulln
Haft, KZ Dachau, KZ Flossenbürg, KZ Ravensbrück