Franz Reinisch SAC

Photo von Franz Reinisch
Franz Reinisch (ÖCV)

Personalia

Geboren:

1. Februar 1903, Feldkirch

Gestorben:

21. August 1942, Brandenburg-Görden

Beruf:

Priester

Verfolgung:

Haft 15.04.1942 - 21.08.1942,
Ermordet am 21.08.1942

Mitgliedschaften

K.Ö.H.V. Leopoldina Innsbruck, K.Ö.St.V. Sternkorona Hall, A.V. Rheno-Guestfalia Kiel

Lebenslauf

Der gebürtige Vorarlberger Franz Reinisch besucht zusammen mit seinem Bruder Andreas das Gymnasium der Franziskaner in Hall/Tirol. Beide treten 1919 der Mittelschulverbindung Sternkorona Hall bei. Nach der Matura im Sommer 1922 nimmt er in Innsbruck das Studium der Rechtswissenschaften auf – wie sein Bruder – und wird im gleichen Jahr Mitglied der Studentenverbindung Leopoldina.

Im SS 1923 geht er nach Kiel und studiert Gerichtsmedizin; hier wird er Verkehrsaktiver bei der Studentenverbindung Rheno-Guestphalia. Im Juli 1923 kehrt er mit dem Entschluss, Priester zu werden, nach Hause zurück und beginnt in Innsbruck das Studium der Philosophie sowie Theologie. 1925 geht er nach Brixen ins Priesterseminar, wo er über P. Richard Weickgenannt (1892–1966) den ersten Kontakt zu den Pallottinern bekommt. 1928 wird Franz Reinisch in Innsbruck zum Priester geweiht. Noch im gleichen Jahr tritt er dem Orden der Pallottiner bei und beginnt das Noviziat in Untermerzbach bei Bamberg; die strenge Hausregel dort wird für ihn eine harte Prüfung. Nach seiner Profess wird er Lektor und Spiritual im Orden. Sein Orden betraut ihn mit verschiedenen Aufgaben wie der Jugendarbeit in Friedberg bei Augsburg. Hier lernt er die Schönstattbewegung seines Mitbruders P. Joseph Kentenich SAC (1885–1968) kennen und schließt sich ihr an. Weitere Stationen seines Wirkens sind Studentenseelsorger in Salzburg, Wallfahrtsseelsorger in Hohenrechberg und Jugendseelsorger in Bruchsal; 1938 kommt er als Männerseelsorger nach [Vallendar]-Schönstatt.

Bereits in dieser Zeit lernt er in Süddeutschland den Kampf der Nationalsozialisten gegen die katholische Kirche kennen.

Im März 1938 kommt er nach Innsbruck zu Besuch, hält am 4. März beim Antrittskommers seiner Leopoldina eine Rede und spricht zu seinen Bundesbrüdern „von der schweren Zeit, die Österreich nun bevorstünde, von der Treue zu Christus und zur Heimat, die in den kommenden Jahren die Feuerprobe bestehen müsse“. Seine Predigten in der Männerseelsorge sind von diesem Missionsgeist getragen und werden immer offener. Er wird von der Gestapo überwacht.

Am 12. September 1940 erhält er Predigt- und Redeverbot für das gesamte Reichsgebiet, weil er am 3. April und 13. Juni 1940 in St. Mauritius in Winzeln bei Rottweil „eine politisch nicht einwandfreie Rede“ gehalten haben soll. Daraufhin übersetzt er kirchliche Nachrichten und Texte aus italienischen Zeitschriften ins Deutsche. Nach der Musterung am 14. August 1940 in Bendorf (bei Koblenz) erhält Franz Reinisch am 1. März 1941 in [Vallendar-]Schönstatt den Bereitschaftsbefehl als tauglich für die Ersatz-Reserve I. Er ist der festen Überzeugung, den Eid auf Adolf Hitler aus Gewissensgründen nicht leisten zu können. 1939 in einem Tischgespräch:

Den Eid, den Soldateneid auf die nationalsozialistische Fahne, auf den Führer, darf man nicht leisten. Das ist sündhaft. Man würde ja einem Verbrecher einen Eid geben.

Franz Reinisch 1939 bei einem Tischgespräch

Es beginnt ein ernsthaftes Ringen, um den Willen Gottes zu erforschen.

Sooft ich auch mein Gewissen überprüfe, ich kann zu keinem anderen Urteil kommen. Und gegen mein Gewissen kann und will ich mit Gottes Gnade nicht handeln. Ich kann als Christ und Österreicher einem Mann wie Hitler niemals den Eid der Treue leisten.

Franz Reinisch über seine Gedanken.

Franz Reinisch ist bereit, sich „nach außen bin“ aus der Gemeinschaft des Ordens ausschließen zu lassen, wenn dadurch der Ordens-Provinz Schaden erspart bliebe. „Unverrückbar wie die Berge der Heimat steht unser Glaube an Christus und Maria“ – diese Losung seiner Studentenverbindung Leopoldina hat ihn seit seinen Studententagen in seiner Beharrlichkeit und seiner festen Überzeugung bestärkt, den Fahneneid zu verweigern trotz aller Bemühungen seines Ordens und seiner Freunde. „Wenn es der Wille Gottes ist, dann sterben Sie als Opferlamm“, so hat ihm P. Joseph Kentenich, sein Beichtvater, auf die Frage nach der Erlaubtheit des Fahneneides geantwortet.

Am Osterdienstag, dem 8. April 1942 erreicht ihn in Wegscheid/Landkreis Passau, wo er zu der Zeit als 3. Kooperator seelsorgerisch tätig ist, der Einberufungsbefehl für den 14. April 1942 zur Sanitäts-Ersatz-Abteilung 13 in Bad Kissingen. Franz Reinisch rückt aber ganz bewusst einen Tag später am 15.4. in Bad Kissingen ein. „Sie scheinen keinen Wert darauf zu legen, Soldat zu werden…“ wird er angefahren. Seine Antwort:

„Ich würde dann Wert darauf legen, wenn ich einem anderen Regime zu dienen hätte!“

Auf seine offizielle Erklärung hin, dass er nicht Soldat werden wolle und den Fahnen- und damit Treueid auf Adolf Hitler nicht leisten werde, folgt dann die Überweisung an das zuständige Kriegsgericht nach Würzburg.

Hier wird er am 22. April 1942 durch das Gericht der 171. Division vernommen, wo er seine ablehnende Haltung – so das Vernehmungsprotokoll – unter anderem damit begründet, dass die Priesterseminare in Köln und Trier als „staatsfeindliche Institute“ von der Gestapo aufgehoben worden seien. „Von einem erklärten Staatsfeind könne aber nicht erwartet werden, dass er für das gegenwärtige Regime Wehrdienst leiste.“

Am 8. Mai 1942 wird Franz Reinisch in das Wehrmachtsgefängnis Berlin-Tegel überführt. Im Gefängnis verfasst er dann in Erwartung des Todesurteils den Text des Liedes „Du bist das Große Zeichen“, gleichsam als sein Sterbelied.

Du Königin der Welten, gebiet’ dem Sturm der Zeit,
die Satansbrut zertrete, du Siegerin im Streit.
Apostel lass mich werden, als Ritter stehen da,
und sterbend will ich lächeln: o liebe MTA.

3. Strophe des Liedes "Du bist das Große Zeichen" von Franz Reinisch

In seinen Haftaufzeichnungen in Berlin-Tegel vom 17. Juli 1942 verfaßt er eine Begründung für seine Entscheidung.

Als Österreicher betrachte ich die Besetzung Österreichs am 11.3.38 als einen Akt der Gewalt und nicht des Rechts. […] Und angenommen, ich würde die Regierung anerkennen, in punkte Annexion, so kann ich noch lange nicht den Treueid leisten, weil zu schwere Vorbehalte dabei gemacht werden müssten. Z. B. Nicht-Annahme: der NS-Weltanschauung, der naturwidrigen Gesetze, z. B. Mord, Beseitigung der Geistesschwachen, Sterilisation, Schulgesetz etc. […] Und ich bin nicht im Gehorsam verpflichtet, solche schwere Vorbehalte machen zu müssen. Darum lieber Notwehr und Verweigerung des Treueides. Hier Christus – dort Belial!

Begründung von Franz Reinisch für seine Entscheidung

Am 7. Juli 1942 wird Franz Reinisch vom 3. Senat des Reichskriegsgerichts [RKG] in Berlin-Charlottenburg unter dem Vorsitz von Senatspräsident Dr. Karl Schmauser wegen „fortgesetzten Verbrechens der Zersetzung der Wehrkraft im Sinne des § 5 Abs. I Nr. 3 der KSSVO“ zum Tode verurteilt.

Der Angeklagte verharrt trotz aller Belehrungen auf seinem Standpunkt. Aus einer persönlichen Einstellung heraus lehnt er es ab, dem deutschen Volk in seinem Daseinskampf die Treue zu halten. Er setzt sich daher bewusst in Gegensatz nicht nur zu Volk und Staat, sondern übrigens sogar zu seinen kirchlichen Oberen. Hinzu kommt, dass die Hartnäckigkeit der Tat geeignet ist, eine für das Wohl des Reichs gefährliche Werbekraft auszuüben. Hier kann nur die härteste Strafe den Strafzweck erfüllen. Der Senat erkennt daher gegen den Angeklagten auf Tod. Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk. Da der Angeklagte sich weigert, die Ehrenpflicht eines Deutschen zu erfüllen, werden ihm … auch die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt …

Aus dem Urteil des VGH

Franz Reinisch übergibt nach dem Urteil dem Gerichtshof eine schriftliche Erklärung, in der zu dem Todesurteil Stellung nimmt.

Zum Feldurteil vom 7.7.1942 in der Strafsache gegen den Soldaten Franz Reinisch, 3.San.-Ers.-Abt. 13 in Bad Kissingen, bittet der Verurteilte, folgende Schlusserklärung machen zu dürfen: Da heute der Kampf gegen den Bolschewismus um die Erhaltung des christlichen Glaubens und der deutschen Heimat geht und, wie in der Hauptgerichtsverhandlung der Herr Senatspräsident selbst erklärte, auch um die Erhaltung des christlichen Abendlandes, so glaubt der Verurteilte, unerschütterlich an seiner bisherigen Beweisführung festhalten zu müssen. Denn es wird die Kriegszeit vornehmlich dazu benützt, um in der Heimat den Glauben an den Gott-Menschen Jesus Christus – wie es unzählige Beispiele beweisen – dem Volk und besonders der Jugend aus dem Herzen zu reißen, wodurch die Soldaten an der Front – durch ihren Urlaub wie durch Briefe ihrer Angehörigen belehrt – in ihrer Wehrkraft gewaltig erschüttert werden. Aus Russland kamen Fronturlauber wie Verwundete, durchwegs Familienväter, und erklärten mir: ‚Was hat unser Kämpfen für einen Sinn? Wir kämpfen gegen den Bolschewismus des Auslandes, für den Bolschewismus in der Heimat!‘, z. B. Entfernung der Kruzifixe aus den Schulen, Aufhebung der Klöster und Schließung der Kirchen. Der Verurteilte ist kein Revolutionär; er ist ein katholischer Priester, der die Waffen des Geistes und des Glaubens gebraucht. Und er weiß, wofür er kämpft. Es läge daher nahe, dass man jene Kräfte zuerst unschädlich machen und zum Tode verurteilen müsste, die diese Zersetzung der Wehrkraft vollziehen. Da aber gerade die gegenwärtige Regierung diesen Kräften nicht im Geringsten das Handwerk legt, sondern sie sogar begünstigt, so glaubt der Verurteilte, durch Verweigerung des Treueeides auf die gegenwärtige Regierung mehr dem deutschen Volke die Treue in seinem Daseinskampf zu halten als umgekehrt. Er ist daher gerne bereit, für Christus den König und für die deutsche Heimat sein Leben hinzugeben, damit Christus der Herr diese antichristlich-bolschewistischen Kräfte und Mächte des Auslandes wie besonders in der Heimat besiegen möge, auf dass unser Volk wieder werde: ein starkes und freies Gottesvolk inmitten der Völker des Abendlandes.

Berlin-Tegel, 25. Juli 1942 Franz Reinisch

Stellungnahme von Franz Reinisch

Am 7. August 1942 wird er in das Zuchthaus Brandenburg-Görden a. d. Havel überführt und dort am 21. August 1942 um 5.03 Uhr ermordet, indem er enthauptet sowie anschließend verbrannt wird. Die Urne mit seiner Asche wird zunächst auf dem Marienberg neben dem Krematorium in Brandenburg beigesetzt und später nach Vallendar-Schönstatt überführt, wo sie heute an der Seite der Gnadenkapelle neben P. Kentenich beigesetzt ist. Er ist somit der einzige katholische Priester, der den Fahneneid verweigert hat und deswegen hingerichtet worden ist.

Orte

Ehrung:

Franz Reinisch Forum (Vallendar, Deutschland), Wallfahrtsort Grab Pater Franz Reinisch (Vallendar, Deutschland), Franz Reinisch Weg (Feldkirchen bei Graz)

Wirkungsstätte:

Quellen

  • Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien), S. 274–277.

Franz Reinisch SAC

Priester
* 1. Feb. 1903
Feldkirch
† 21. Aug. 1942
Brandenburg-Görden
Haft, Ermordet