Dr. Jakob Kastelic

Jakob Kastelic
Jakob Kastelic

Personalia

Geboren:

4. Jänner 1897, Wien

Gestorben:

2. August 1944, Wien

Beruf:

Jurist

Verfolgung:

Entlassung Mai 1938,
Haft 23.07.1940 - 02.08.1944,
Ermordet 02.08.1944

Mitgliedschaften

Großösterreichische Freiheitsbewegung, Sportunion

Lebenslauf

Jakob Kastelic wird in Wien als Sohn eines Bäckergesellen im 14. Wiener Gemeindebezirk geboren. Er besucht nach der Volksschule das k. k. Staatsgymnasium in der Fichtnergasse. Im Oktober 1915 legt er die sogenannte “Kriegsmatura“ mit Auszeichnung ab. Noch im Jahr 1915 wird er zum Militärdienst eingezogen und mustert als Leutnant aus dem Krieg ab.

Nach Kriegsende inskribiert er an der Wiener Universität Rechtswissenschaften und promoviert darin 1924. Seine berufliche Laufbahn verläuft anfangs sehr mühsam. In den 1920´er und 1930´er Jahren ist eine gute Stellung schwer zu bekommen. Jakob Kastelic wird als Rechtskonsulent verschiedener katholischer Vereine tätig. Von 1934 bis 1938 arbeitet er hauptberuflich am Aufbau und Ausbau des staatlichen Österreichischen Arbeitsdienstes. Ab 1935 gehört der Arbeitsdienst zum Bundesministerium für soziale Verwaltung.

1937 heiratet Jakob Kastelic eine Friseurstochter aus Penzing. 1938 wird der ältere Sohn Norbert geboren, zwei Jahre später der zweite Sohn Gerhard.

Politisch ist Jakob Kastelic fest im österreichischen Katholizismus verankert. Er engagiert sich schon früh in katholischen Jugendorganisationen, unter anderem bei den Kalasantinern, und widmet sich besonders den Jungarbeitern. Er engagiert sich in verschiedenen Organisatinen, wie beispielsweise der Vaterländischen Front oder den “Christlich-deutschen Turnern” [heute: Sportunion].

Nach der Okkupation Österreichs durch das Dritte Reich wird der Jurist im Mai 1938 entlassen. Er arbeitet in weiterer Folge als Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei des Anwalts Karl Schreiner in der Wiener Mariahilfer Straße. Der entschiedene Gegner des Nationalsozialismus sucht bald nach dem Einmarsch Kontakte zu Gleichgesinnten, aber auch zu ehemaligen politischen Gegnern - er akzeptiert alle Gruppierungen außer der KPÖ -, von denen er weiß, dass sie das Vorgehen der Nationalsozialisten nicht akzeptieren würden. Eine erste Zusammenkunft findet im November 1938 im Café Wunderer an der Hietzinger Brücke statt. Sukzessive baut er Widerstandszellen auf und nennt die Widerstandsgruppe "Großösterreichische Freiheitsbewegung".

Jakob Kastelic mit Familie
Jakob Kastelic mit Familie (DÖW)

Zu den politischen Zielen der Gruppe gehört der Gedanke einer Donauföderation unter Einschluss von Bayern, wenn möglich unter Beteiligung des Hauses Habsburg. Als Mitstreiter findet Kastelic unter anderem den sozialdemokratische Journalisten Hans Schwendenwein, den parteilosen Karl Rössel-Majdan oder den Schriftsteller Günther Loch an. 1940 gelingt es, Verbindung mit der "Österreichischen Freiheitsbewegung" um Karl Lederer und zur Gruppe um den Augustiner-Chorherrn Roman Karl Scholz aufzunehmen.

Ab Juli 1940 werden gut 300 Personen dieser Widerstandsgruppen vom Burgschauspieler Otto Hartmann verraten (Otto Hartmann wird in der Folge 1947 zu lebenslanger Haft verurteilt und 1957 begnadigt) und Jakob Kastelic am 23. Juli 1940 verhaftet. Im Dezember 1940 wird er ins Wiener Landesgericht eingeliefert, im Sommer 1941 nach Westfalen in das Strafgefängnis Anrath verlegt, anschließend in die Strafanstalt Hamborn eingewiesen und im Jänner 1943 erneut nach Anrath überstellt. Am 1. März 1944 wird Jakob Kastelic vom Volksgerichtshof wegen Hochverrats zum Tode verurteilt.

Am 24. Jänner 1941 erhält Jakob Kastelic im Wiener Landesgericht die Mitteilung, dass seine Frau schwer erkrankt ist. Er wird an diesem Tag zu seiner Frau geführt. In den beiden darauf folgenden Tagen hört er nichts vom Zustand seiner Frau. Einen weiteren Tag später erfährt er vom Tode seiner Frau zwei Tage zuvor. Seine Frau Maria starb demnach am 25. Jänner 1941. Die Todesursache ist eine Lungen- und Rippenfellentzündung.

Erkennungsdienstliches Karteiblatt der Gestapo
Erkennungsdienstliches Karteiblatt der Gestapo (DÖW)

Die Nationalsozialisten gestatten es Jakob Kastelic nicht am Begräbnis seiner Gattin teilzunehmen. Eine Stunde vor dem Begräbnis kann er - bewacht von zwei Justizbeamten - in der Aufbahrungshalle Abschied von seiner toten Frau nehmen.

Gnadengesuche seiner Schwester Anna und seiner damals 84-jährigen Mutter wurden vom Wiener Gauleiter Baldur von Schirach abgelehnt.

Am 1. August 1944 bekommt Jakob Kastelic ein letztes Mal Besuch. Ein Datum seiner Vollstreckung wird ihm nicht mitgeteilt. Anna Hanika und sein Sohn Gerhard, der zu diesem Zeitpunkt ein Kleinkind ist, sind unter den Besuchern. Ebenfalls vor Ort ist Pater Johann Bruckner, ein Freund der Familie, der von der anscheinend am nächsten Tag stattfindenden Vollstreckung des Todesurteils weiß.

Das Sprechzimmer darf von seinem Sohn Gerhard und Pater Bruckner während der Unterredungszeit nicht betreten werden. Die Eingangstür ist für einen kurzen Moment geöffnet, sodass Jakob Kastelic seinen Sohn und Pater Bruckner ein letztes Mal sehen kann. Der Pater gibt ihm die Generalabsolution, wofür sich der Gefangene mit einer tiefen Verbeugung bedankt. Doch die Stimme des Aufsehers, der das "Ende der Sprechzeit" verlautbart, beendet den Besuch, ohne dass ein Abschiedsgruß möglich ist.

Jakob Kastelic wird am 2. August 1944 im Landesgericht I in Wien durch das Fallbeil ermordet. Seinen Leichnam findet man nach Kriegsende 1945 in der Wiener Anatomie. Er wird am 27. Oktober 1945 auf dem Pfarrfriedhof Penzing beigesetzt.

Aus seinem Abschiedsbrief vom 2. August 1944, dem Tag seiner Hinrichtung:

Mein liebstes, treues Schwesterl!

Hütet mir meine Lieblinge, erzieht sie zu aufrechten, guten Menschen. Innigsten Dank für alle Liebe und Güte! Mutterls Lebensabend gestaltet schön! Bewahrt sie vor der schrecklichen Nachricht meines dergestaltigen Todes! Sie soll in schönem Bild zu mir in die Ewigkeit kommen. Mit innigster Dankbarkeit gehe ich gestärkt mit dem Gnadenmittel in die Ewigkeit. Euer Bild begleitet mich auf dem letzten Gang. Innigsten Dank allen lieben Verwandten und Schwägern, Gönnern, Freunden und Bekannten! Meinen lieben Pflegemüttern meiner Büblein gilt mein besonderer Dank und Gruß!

In innigster Liebe, euer Jakob

Orte

Wohnort:

Ehrung:

Stolperstein (Wien), Gedenktafel Kalasantiner Kollegium (Wien), Dr. Jakob Kastelic Hof (Wien), Kastelicweg (Wien), Kastelicgasse (St. Pölten)

Sterbeort:

Quellen

Homepage "Zur Erinnerung" unter www.jakob-kastelic.zurerinnerung.at

Jakob Kastelic

Jurist
* 4. Jän. 1897
Wien
† 2. Aug. 1944
Wien
Entlassung, Haft, Ermordet