Hofrat Dr. Otto Glaser
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft 10.11.1938 - 12.11.1938,
KZ Dachau 12.11.1938 - 26.01.1939,
Entlassung 24.01.1939,
Flucht 06.03.1939,
Zwangsarbeit 13.03.1944 - 10.09.1944,
Flucht 10.09.1944
KZ-Nummer:
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Otto Glaser kommt in Zistersdorf in Niederösterreich als ehelicher Sohn des Holzhändlers Moritz Glaser und seiner Gattin Cäcilia, geborene Glück, zur Welt. Die Familie ist jüdischen Glaubens. Nach der Volksschule besucht er das Communalgymnasium in Lundenburg [heute: Břeclav in Tschechien], wo er 1908 maturiert. Im gleichen Jahr inskribiert er Jus an der Universität Wien, wo er 1914 zum Doktor der Rechte promoviert wird, konvertiert er vom jüdischen zum katholischen Glauben und beginnt seine Gerichtspraxis. Diese wird durch seine Einberufung in den Ersten Weltkrieg am 16. Jänner 1915 unterbrochen.
Als Soldat erlebt Otto Glaser die Niederlage Österreich-Ungarns, die Zerschlagung der Doppelmonarchie und die Vertreibung des Hauses Habsburg. Er kehrt am 19. November 1918 heim und setzt seine Gerichtspraxis von 5. Dezember 1918 bis 15. Oktober 1919 fort.
Am 23. Juni 1921 beginnt Otto Glaser in der österreichischen Finanzverwaltung zu arbeiten. 1924 heiratet er die Katholikin Anna Pulpan, wechselt 1925 in die Gefällstrafabteilung und wird 1926 Vater eines Sohnes.
Am 12. März 1938 muss Otto Glaser erleben, wie mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht das freie und unabhängige Österreich untergeht. Mit der Besetzung Österreichs wird die deutsche Gesetzgebung übernommen und damit auch die ‘Nürnberger Rassengesetze’, nach denen er als 'Volljude’ gilt, der mit einer 'Arierin' verheiratet ist.
Am 9. November 1938 und 10. November 1938 organisieren und lenken die Nationalsozialisten das Novemberprogrom 1938, auch 'Reichskristallnacht' genannt. Schätzungen beziffern die Gesamtzahl der jüdischen Todesopfer der Pogrome auf 1000 bis 2000. Um die 1400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume jüdischer Menschen sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe werden gestürmt und zerstört. Ab dem 10. November werden mindestens 30.000 Juden verhaftet und in Konzentrationslager verbracht.
Otto Glaser wird am 10. November 1938 in seiner Wohnung von Mitgliedern der NSDAP verhaftet und in das Polizeigefangenenhaus Rossauerlände gebracht. Von dort wird er am 12. November 1938 in das KZ Dachau deportiert und verbleibt dort bis zu seiner Entlassung am 26. Jänner 1939.
Bei seiner Entlassung erhält er den Auftrag sich sofort bei der Gestapo in Wien zu melden. Dort muss er sich verpflichten, innerhalb kürzester Zeit zu emigrieren. Er erhält eine Einreisebewilligung in die Niederlande und reist am 6. März 1939 dorthin. Nach überschreiten der Grenz am 7. März 1939 wird er von der holländischen Gendarmerie festgenommen und in das Flüchtlingslager Hyplast bei Rotterdam gebracht, von dort in das Flüchtlingslager Lloyd Hotel in Amsterdam und schließlich in das Flüchtlingslager Sluis in der Seeland. Ab Mai 1939 darf er das Lager tagsüber verlassen. Ab Februar 1940 wird er aus Altersgründen aus dem Lager entlassen und lässt sich in Utrecht nieder.
Am 10. Mai 1940 marschiert die deutsche Wehrmacht im Rahmen der 'Operation gelb' in Holland ein, wodurch Otto Glaser wieder unter deutsche Herrschaft gerät. Ab Mitte Februar 1941 zieht er nach Berlicum in der Provinz Nordbrabant. Zwei Mal wird er dort jeweils für einen Tag von der Gestapo verhaftet. Ab 19. September 1941 muss er, wie alle Juden den gelben Stern, den 'Judenstern' tragen.
Am 13. März 1944 wird Otto Glaser über Mappel in der Provinz Drente nach Havelte bei Westerborg in ein Zwangsarbeitslager gebracht, wo er am Flugfeldbau eingesetzt wird. Am 10. September 1944 gelingt ihm die Flucht, da er erfährt, dass seine Ermordung unmittelbar bevorsteht. Nach einer längeren Flucht kommt er wieder nach Berlicum, wo er sich vor der Gestapo versteckt halten muss. In seinem Versteck im Keller einer Kirche warnt er deutsche Deserteure vor einer bevorstehenden Razzia der Gestapo und rettet ihnen und allen im Keller befindlichen Personen dadurch das Leben.
Der Sekretär der Gemeinde Berlicum bestätigt,
dass Dr. Otto Glaser vom 13.III. 1944 bis Mitte September 1944 im Zwangsarbeitslager in Havelte, Drente arbeiten musste und dort entflohen ist,
dass Dr. Otto Glaser im Keller der Kirche in Berlicum im Oktober 1944 während der Kampfhandlungen einmal als die Deutschen im Keller die Legitimationen von allen verlangten, eine Minute vorher die Leute im Keller gewarnt hat, dass die deutschen Offiziere kommen und nach den Deserteuren die im Keller waren, suchen werden,
dass gleich darauf die Deutschen kamen und die Legitimationen verlangten,
dass die 3 oder 4 deutschen Deserteure im 2. Keller noch rechtzeitig versteckt wurden, sonst wären alle Menschen im Keller sicher erschossen worden,
dass Dr. Otto Glaser als damals allen Leuten des Kellers das Leben gerettet hatte.
Nach Beginn der Kampfhandlungen um Berlicum im Rahmen der britischen Operation 'Market Garden' flüchtet er nach Herzogenbusch und nach der Befreiung durch die britische Armee am 25. bzw. 26. Oktober 1944 geht er zurück nach Berlicum.
Noch vor der endgültigen Befreiung Österreichs im Mai 1945 kehrt Otto Glaser zurück zu seiner Familie nach Wien und meldet sich bereits am 27. April 1945 zurück zum Dienst in der österreichischen Finanzverwaltung. Er tritt der neugegründeten Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich bei. Er wird in der Finanzlandesdirektion Wien eingesetzt. Kurz vor seiner Ruhestandsversetzung hat er im November 1954 einen schweren Unfall, von dem er eine schwere Gehbehinderung davonträgt. Mit 31. Dezember 1954 geht er schließlich in den Ruhestand.
Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahre 1973 zieht Otto Glaser zu seinem inzwischen Thalassa in Dublin in Irland ausgewanderten Sohn. Dort verstirbt er mit 85 Jahren und findet seine letzte Ruhestätte am Deans Grange Cemetery.
Quellen
Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)
Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)
Archiv der Universität Wien
Arolsen Archives
Matricula Online
Wikipedia
