Ob. Bahnrat i.R. Ing. Robert Stricker
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft 14.03.1938 - 02.04.1938,
KZ Dachau 02.04.1938 - 23.09.1938,
KZ Buchenwald 23.09.1938 - 14.02.1939,
Ghetto Theresienstadt 24.09.1942 - 28.10.1944,
Ermordet im KZ Auschwitz nach dem 28.10.1944
KZ-Nummer:
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Robert Stricker wird als Sohn der jüdischen bürgerlichen Familie Israel und Florentina Stricker in Brünn [heute Brno in Tschechien] im österreich-ungarischen Böhmen geboren. Dort besucht er die Volksschule und nach der Unterstufe die Oberreal- und Maschinenbauschule. Danach studiert er in Brünn an der Technische Hochschule.
Noch während seiner Schulzeit befasst er sich mit den Ideen von Theodor Herzl und engagiert sich in zionistischen Gruppen. 1896 ist er z.B. Mitbegründer der zionistischen Studentenverbindung Veritas in Brünn und fungiert als deren Senior, zwei Jahre später begründet er mit Studentenverbindung Emunah die erste jüdische Handelsangestelltenverbindung der österreichischen Monarchie. Er vertritt eher einen radikalen Zionismus, welcher auf Auswanderung nach Israel setzt, anstelle von Assimilation in Österreich-Ungarn.
1902 schließt er die Technische Hochschule ab und tritt in den Dienst der k.u.k. Staatsbahnen in Olmütz [heute: Olomouc in Tschechien] ein, von wo er 1905 in in die Direktion der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn nach Wien versetzt wird.
In Wien, einem Zentrum der zionistischen Bewegung in Europa, entwickelt sich Robert Stricker in der Folge zu einem der einflussreichsten jüdischnational-zionistischen Politiker. Gemeinsam mit Jakob Ehrlich wird er 1912 nach den Wahlen zur Israelitischen Kultusgemeinde in deren Vorstand aufgenommen, 1913 dann am XI. Zionistischen Weltkongress, der in Wien stattfindet, in das Große Aktionskomitee, das Exekutivorgan des Kongresses, gewählt.
Aber auch als Journalist tritt Robert Stricker für seine Ideale ein: Bereits seit 1907 Redakteur der Jüdischen Zeitung, gründet er an der Seite von Nathan Birnbaum 1915 das Jüdische Kriegsarchiv, das mit seiner Zeitschrift Jüdisches Archiv die Leistungen jüdischer Soldaten im Ersten Weltkrieg ebenso dokumentierte wie die Leiden der jüdischen Zivilbevölkerung in den Kriegsgebieten Galiziens und der Bukowina. Nach Kriegsende entfaltet er mit Schriften wie Die Vertreter des jüdischen Volkes, Der jüdische Nationalismus und Wie können wir unsere Jugend jüdisch erhalten? eine rege, der zionistischen Idee verpflichtete Publikationstätigkeit.
Bei den Wahlen zur Konstituierenden Nationalversammlung 1919 kann er für die Jüdischnationale Partei ein Mandat erringen. Als Abgeordneter spricht er sich gegen einen Anschluss Deutschösterreichs an Deutschland aus und plädierte für eine Urabstimmung. Bei den Nationalratswahlen im darauffolgenden Jahr gelingt ihm – trotz Stimmenzuwachses – aufgrund einer Änderung im Wahlrecht der Wiedereinzug ins Parlament nicht. 1919 heiratet er die Witwe Paulina (Paula) Kohn, adoptiert ihren Sohn Wilhelm und hat mir Paula die gemeinsame Tochter Judith.
Ebenfalls seit 1919 ist Stricker Mitherausgeber sowie Chefredakteur der Wiener Morgenzeitung, der einzigen deutschsprachigen jüdischen Tageszeitung in Europa, die gleichzeitig als Sprachrohr für die Jüdischnationale Partei diente. Inhaltlich setzt sich das Blatt offensiv für die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Rechte der Juden im In- und Ausland ein und tritt entschieden gegen antisemitische Tendenzen auf. Die finanziellen Probleme der Wiener Morgenzeitung, die trotz intensiver Bemühungen Robert Strickers nicht überwunden werden können, führen dazu, dass er sich 1925 aus der Zeitung zurückzieht. Nach ihrem endgültigen Aus 1927 ist er bis März 1938 Herausgeber der wöchentlich erscheinende Revue Das Neue Blatt.
1936 wird Robert Stricker Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien gewählt, ist darüber hinaus auch Mitbegründer des Jewish World Congress und leitet bis 1937 dessen österreichische Sektion.
In diesen Funktionen erlebt er auch den Untergang des freien und unabhängigen Österreichs mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Am 14. März 1938 wird Robert Sticker seinem Büro der Zeitung Neue Welt in der Universitätsstraße von SS-Angehörigen verhaftet. Eine Flucht nach Budapest hatte er tags zuvor abgelehnt, weil er die Kultusgemeinde nicht „im Stich lassen“ wollte. Am 18. März 1938 wird die jüdische Gemeinde Wiens durch SS-Angehörige, durchsucht, geschlossen und der Präsident Desider Friedmann, der zweite Vizepräsident Jakob Ehrlich, und der Amtsdirektor der IKG Josef Löwenherz sowie weitere jüdischen Funktionären im Zuge der nationalsozialistischen Judenverfolgung verhaftet. Im Zuge der Razzia waren bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten der IKG Spendenbelege für die Vaterländische Front gefunden worden. Die Wahlkampfspenden in Höhe von 800.000 Schilling für eine Organisation, die für Eigenstaatlichkeit Österreichs eintrat, waren der offizielle Grund für die Inhaftierungen.
Adolf Eichmann erpresst nach dem Quittungsfund von der IKG die Zahlung desselben Betrages, indem er die Präsidiumsmitglieder, darunter auch Robert Stricker, am 2. April 1938 mit dem sogenannten Prominententransport in das KZ Dachau verschleppt. Am 23. September 1938 wird er in das KZ Buchenwald überstellt, woraus der am 14. Februar 1939 entlassen wird. Am September 1942 wird Robert Stricker und seine Frau Paula mit einem der letzten Transporte in das Ghetto Theresienstadt deportiert. In Theresienstadt wurde Stricker zum Mitglied des Ältestenrats gewählt. Am 28. Oktober 1944 wird er von dort in das KZ Auschwitz deportiert und gleich nach der Ankunft ermordet.
Orte
Wohnort:
Verfolgung:
Sterbeort:
Quellen
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)
Alpen Adria Universität unter litkult1920er.aau.at/litkult-lexikon/stricker-robert/
Wikipedia unter de.wikipedia.org/wiki/Robert_Stricker