Dr. Franz Seywald
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Entlassung 1938,
Haft 21.03.1944 - 24.07.1944,
Ermordet am 24.07.1944
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Franz Seywald besucht das Humanistische Gymnasium in Salzburg. Hier wird er 1907 bei der Mittelschulverbindung Almgau Salzburg aufgenommen. Er maturiert 1910 gemeinsam mit dem späteren Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl. Beide inskribieren anschließend an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und werden 1910 bei der Studentenverbindung Austria Wien aktiv.
Da er sich bei der Musterung zum k. u. k. Infanterie-Regiment Nr. 59 „Erzherzog Rainer“ eine schwere Krankheit zugezogen hat, wird er als nicht tauglich entlassen. Nach dem Ersten Weltkrieg tritt er 1919 in den Dienst der Salzburger Landesregierung und wird 1931 zum Bezirkshauptmann von St. Johann im Pongau ernannt. Ab 1933 engagiert er sich auch in der VF.
Nach dem Anschluss wird er mit reduzierten Versorgungsbezügen aus dem Dienst entlassen. Er erhält bei seinem Bundesbruder, dem Salzburger Notar Hans Seethaler, eine Anstellung. Seit 1941 hört Franz Seywald in seiner eigenen Wohnung oder der von Karl Biack zusammen mit anderen Gleichgesinnten wie Maximilian Platter und Albert Schmidinger regelmäßig ausländische Radiosender wie BBC und Seromünster (Schweiz), was damals als schwerstes Verbrechen gegolten hat. Nach einer Denunziation durch einen bezahlten Gestapo-Spitzel [ein Kunstgeschichtsstudent] werden Franz Seywald, seine Ehefrau Margarethe und der 17-jährige Sohn Gottfried am 21.3.1944 von der Gestapo festgenommen und im Polizeigefängnis am Georg-von-Schönerer-Platz (Rudolfsplatz) inhaftiert und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. In den nächsten Tagen kommen die anderen Gleichgesinnten dazu. Auf Grund des gerichtlichen Haftbefehls vom 13.4.1944 befinden sich elf der insgesamt zwölf Beschuldigten im Gefangenenhaus des LG, Schanztgasse 1, in Untersuchungshaft. Ehefrau Margarethe ist wieder „auf freien Fuß“ gesetzt worden.
Das NSDAP-Organ „Salzburger Zeitung“ titelt am 2.4.1944 „Rundfunkverbrecher festgenommen. Fortlaufend Feindsender abgehört“. Es folgt [zur Abschreckung] die „Prangerliste“ mit den Namen aller Angeklagten beginnend mit Franz Seywald. Auf Grund des Antrags des Oberreichsanwalts Ernst Lautz (1887–1979) vom 17.6.1944 findet der Strafprozess vor dem VGH unter Vorsitz von Roland Freisler (1893–1945) im Schwurgerichtssaal des Justizgebäudes am Georg-von-Schönerer-Platz in Salzburg am 21./22.7.1944 unmittelbar nach dem Attentat auf Adolf Hitler statt. Die Angeklagten werden der „Vorbereitung zum Hochverrat“, der „Feindbegünstigung“ gem. § 80, 83, 91b RStGB und der „Wehrkraftzersetzung“ gem. § 5 KSSVO beschuldigt. In der Anklageschrift des Oberreichsanwalts beim VGH heißt es u. a.:
„Er [Seywald] schloss sich 1920 der katholischen CV-Verbindung ‚Austria Wien‘ und 1933 der VF an. Er war als Bezirkshauptmann von Markt Pangau unter dem Dollfuß-Schuschnigg-System besonders systemtreu und bekämpfte den Nationalsozialismus und seine Anhänger in fanatischer und gehässiger Weise. Hierfür erhielt er als einer der ersten Bezirkshauptleute das Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich.“
Karl Biack und Franz Seywald werden am 22.7.1944 durch Freisler zum Tode verurteilt. In der Urteilsbegründung heißt es u. a.:
„Franz Seywald hat … vom dritten bis ins fünfte Kriegsjahr in seiner Wohnung in Salzburg ungefähr 150 Mal Feindfunk abgehört, und zwar allein und mit Bekannten. … Zusammen mit den Mithörern führte er im Anschluss daran defaitistisch zersetzende Reden, ließ sogar seinen halbwüchsigen Sohn mithören und gab einem Volksgenossen ein habsburgisch-separatistisches Flugblatt zum Lesen, das zum Desertieren aufforderte und ein ‚Bündnis‘ mit unseren Feinden unter eigener Entwaffnung verlangte [bezieht sich auf eine Druckschrift, die Seywald zu Weihnachten 1943 mit der Post zugesandt bekommen hat]. Karl Biack gehörte zu Seywalds Hörgemeinschaft. … Beide haben so unser Vertrauen und unsere Kraft, mannhaft für unsere Freiheit zu kämpfen, schwer angegriffen und sich damit zu Zersetzungspropagandisten unserer Kriegsfeinde gemacht. Sie sind für immer ehrlos und werden mit dem Tode bestraft.“
Franz Seywald stirbt am 24.7.1944 in der Haftanstalt Salzburg durch Erhängen als Folge eines angeblichen Selbstmords. In dem amtlichen Schreiben der Reichsstatthalterei an das Reichsinnenministerium v. 7.8.1944 heißt es u. a.: „Seywald hat sich kurz nachher [nach seiner Verurteilung] in der Haft erhängt.“ Diese Todesversion „Selbstmord durch Erhängen“ wird bis heute so tradiert. Eine andere – und wohl tatsächlichere – Version des Todes von Franz Seywalds berichtet der Enkel, Thomas Seywald aus der Sicht seines Vaters Gottfried, dem ältesten Sohn von Franz Seywald, der ebenfalls als 18-jähriger mit inhaftiert gewesen ist:
„Mein Vater erzählte mir. … Es brannte vom 23. auf den 24. Juli 1944 die ganze Nacht das Licht in einer der Zellen, und jeder wusste, wenn das Licht brannte, ist er ein Todeskandidat. Er kannte die Zelle seines Vaters aber nicht und schlief ein. Frühmorgens kamen sie ihn zu zweit holen und haben ihn gezwungen zuzusehen, wie sie seinen Vater aufhängen, das begleitet von den Worten: ‚Da schau her, so geht’s bei uns den Verrätern.‘ … Einer der Nazis soll noch gesagt haben: ‚Wieder einer weniger von den Schweinen.‘ Der Gefängnis-Seelsorger selbst hat damals ebenfalls gesagt, sie hätten ihn umgebracht.“
Demnach ist Franz Seywald das Opfer eines Willküraktes fanatischer Gefängniswärter der Untersuchungshaftanstalt Salzburg geworden. Die „offizielle“ Selbstmord-Todesversion soll diesen Tatbestand bis heute vertuschen.
Der Leichnam von Franz Seywald ist der Gestapo übergeben, verbrannt und anonym verscharrt worden, nachdem sich der Salzburger Reichssttatthalter Gustav Adolf Scheel (1907–1979) gegen eine Freigabe ausgesprochen hat, um so jegliche Ehrung von Terroropfern und jedes Gedenken an ihre Nächsten zu unterbinden.
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 320-322.
Photo: Biolex des ÖCV unter www.oecv.at/biolex; Stand: 14.10.2022.