Dr. Josef Marschall
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Entlassung 1938,
Haft 13.08.1940 - 22.09.1940,
Rettete etwa 60 Juden,
Widerstandskämpfer (unentdeckt)
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Josef Marschall besucht die Realschule und tritt 1922 in die erst kurz zuvor gegründete Mittelschulverbindung Donaumark Wien ein und 1926 der Studentenverbindung Danubia. Von Sommer 1934 bis 1938 hat er als junger Akademiker im Zolldienst ohne finanzielle Entschädigung freiwillig beim Bundeskommissär für Personalangelegenheiten im Bundeskanzleramt bei der Aufdeckung illegaler NSDAP-Mitglieder und Sympathisanten im dortigen Personalstand mitgearbeitet. Dies bat viele Feindseligkeiten und Intrigen zur Folge.
Am 11.3.1938 hat er sich zusammen mit elf weiteren gleichgesinnten Freunden in der Deutschmeisterkaserne in Wien-Rossau versammelt, um bewaffneten Widerstand gegen den angedrohten Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich zu leisten. Um jedes Blutvergießen zu vermeiden, hat die Regierung angeordnet, keinen Widerstand beim Anschluss zu leisten. Josef Marschall und seine Kameraden gehen daraufhin als „Gruppe Roßau“ in den Untergrund.
Am 6.6.1938 wird Josef Marschall vom Rechnungshof „außer Dienst“ gestellt und entlassen. Nach vorübergehendem Einkommensverlust erhält er eine Anstellung bei der neu errichteten Preisbildungsstelle des Reichsstatthalters in Wien. Hier unterhält er bis zu seiner Einberufung zur Luftwaffe 1940 Kontakt mit der konservativen Widerstandsgruppe des Dipl.-Ing. Dr. Karl Domansky (1890–1960), der vom 17. bis 20.3.1938 inhaftiert gewesen ist. Wegen Wehrkraftzersetzung, Geheimbündelei und Kampf gegen den Nationalsozialismus (Az. 4 K-St-L 539/40) wird Marschall vom 13.8. bis 22.9.1940 durch das Feldgericht im Luftgau 17 in U-Haft genommen und dann der Gestapo in Wien überstellt. Durch Intervention aus Widerstandskreisen bei der Luftflotte IV wird das Verfahren durch Generaloberst Alexander Löhr (1885–1947) eingestellt und Josef Marschall in das Protektorat Böhmen und Mähren versetzt. Hier nimmt er Kontakt mit Dr. Leopold Pospisil auf, der nach zwei Jahren im KZ eine tschechische Untergrundbewegung leitet, die Absprungbasen für sowjetische Fallschirmspringer zu Sabotageaktionen bei der deutschen Besatzung auskundschaftet. 1942–1943 wird Josef Marschall in Ungarn eingesetzt. Hier kann er Marcell Herczeg, dem ehem. Generaldirektor der Semperit-Werke AG und Organisator der jüdischen Flüchtlinge in Wien, bei Vermögenstransaktionen ins Ausland helfen. Beim Beginn der Judendeportationen gelingt mit Josef Marschall Unterstützung mindestens 60 Juden die Flucht aus Ungarn und so die Rettung vor der Vernichtung in der Gaskammer. Nach Belgien versetzt, nimmt er Kontakt zur Widerstandsorganisation „Weiße Brigade“ auf, in Frankreich arbeitet er mit der „Resistance“ zusammen. Schwer verwundet kann er mit deren Hilfe im Lazarett in Marseille gerettet werden.
Nach dem Krieg tritt Josef Marschall wieder in die Dienste des Rechnungshofes und ist von 1959 bis zu seinem Tod dessen Vizepräsident.
Orte
Wohnort:
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 213/214.; Photo: ÖVfStg