Dr. Karl Kummer
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft 12.03.1938 - 02.04.1938,
Widerstandskämpfer (unentdeckt)
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Karl Kummer studiert nach der Matura am humanistischen Gymnasium in Wien-Hietzing 1923 zunächst zwei Semester Chemie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und wechselt dann zum Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien. 1923 tritt er der Studentenverbindung Aargau bei. Sein besonderes Interesse gilt hier der Sozialpolitik und der Sozialwissenschaft nach den Grundsätzen der katholischen Soziallehre. Nach der Promotion zum Dr. iur. absolviert er vier Jahre Gerichtspraxis und wird dann kurzzeitig im Landesinvalidenamt beschäftigt, bis er 1934 als Leiter der Rechtsabteilung der Wiener Arbeiterkammer und später dort Leitender Sekretär tätig wird. Beeindruckt vom Wirken des „Großstadtapostels“ Carl Sonnenschein (1876–1929) hat er bereits in seiner Studienzeit Hilfsaktionen für bedürftige Studenten und Arbeiter organisiert, um so eine Annäherung der studierenden und werktätigen Jugend zu fördern. Er kümmert sich u. a. um Obdachlose und um die Rechtsberatung im Gesellenverein, er arbeitet auch in der Akademikerhilfe mit.
In der Nacht vom 11. zum 12.3.1938 wird Karl Kummer verhaftet und für drei Wochen in Polizeigewahrsam gehalten. Anschließend kann er noch bis zur Auflösung der Arbeiterkammer am 30.6.1938 dort weiter arbeiten. Aus „politischen Gründen“ erhält er anschließend nur kurzzeitige Arbeitsmöglichkeiten, so beim Reichsnährstand als Sachbearbeiter und dann bei der AEG-Union. Als er sich im November 1942 bei der Firma Wertheimer & Co um die Stelle eines Personalreferenten bewirbt, ersucht das NSDAP-Gaupersonalamt die Kreisleitung um eine politische Beurteilung. Hier wird Karl Kummer bescheinigt, dass er der „NS-Bewegung sympathisierend“ gegenüberstehe, von „einwandfreiem Charakter“ sei und „über sein derzeitiges politisches Verhalten nichts Nachteiliges“ bekannt sei. Dem Gaupersonalamt ist zu dem Zeitpunkt aber nicht bekannt, dass Karl Kummer sich 1942 der Widerstandsgruppe um Lois Weinberger angeschlossen hat und mit der Gruppe von Heinrich Maier, Franz Josef Messner und Walter Caldonazzi in Verbindung steht.
Diese unterschiedlichen, für Karl Kummer damals positiven „politischen“ Beurteilungen ermöglichen ihm dann eine Beschäftigung bei der Firma Wertheimer & Co bis zum Kriegsende. Er selbst gibt nach dem Krieg bei der Überprüfung über evtl. Parteizugehörigkeit gem. § 4 des Verbotsgesetzes 1947 an, „nie einen Aufnahmeantrag in die NSDAP oder eine ihrer Gliederungen gestellt zu haben.“ Anlässlich des Antrags auf Ausstellung eines Opferausweises wegen der erlittenen Haft kommt es seitens des Wiener Magistrats und der Abteilung 2 des BMI 1951 zur nochmaligen Überprüfung evtl. Parteizugehörigkeit Mit Bescheid vom 24.9.1952 stellt die Behörde fest, dass sie Karl Kummer glaube, weil er in sämtlichen Beurteilungen als Nichtangehöriger der NSDAP bezeichnet worden und eine behauptete Parteianwartschaft überhaupt nicht nachweisbar ist. Auch wenn er in den „Gauakten“ als „Parteianwärter seit 1938“, nicht aber als Parteimitglied geführt wird, so kommt auch die neueste Untersuchung der ÖVP-Mitglieder deswegen zu folgendem Ergebnis:
Somit zählt Dr. Karl Kummer zum Kreis jener Personen, deren Biografie näher untersucht wurde, bei dem ab er im Sinne des Kriterienkataloges keine NSDAP-Mitgliedschaft vorliegt.
Nach dem Krieg ist Karl Kummer mit Lois Weinberger an der Gründung des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes [ÖAAB] beteiligt und wird dessen erster Generalsekretär. Am 29.6.1953 gründet er u. a. zusammen mit August M. Knüll den „Verein für Sozial- und Wirtschaftspolitik“ und das „Institut für Sozialpolitik und Sozialreform“, heute „Dr. Karl-Kummer-Institut“ [KKI] genannt. Beide Einrichtungen sollen gem. § 2 der Satzungen „eine Reform der Gesellschaft im Sinne der Prinzipien der Katholischen Soziallehre“ vorbereiten und entsprechende sozialreformerische Aufgaben durchführen helfen. Von 1956 bis zu seinem Tod 1967 ist Karl Kummer auch Abgeordneter zum Nationalrat. Völlig unerwartet verstirbt er am 15.8.1967 bei einem Seminar der Vereinten Nationen in Warschau.
Orte
Wohnort:
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 191/192.; Photo: ÖVfStg