Anna Leicht (geb. Zetlin)
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Hat 11.12.1942 - 26.02.1943
Lebenslauf
Anna Zetlin kommt in Odessa, im damaligen Russland [heute in der Ukraine], als Tochter des katholischen Ehepaares Ignaz Zetlin und Maria, geborene Czirnicka, zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts erhalten geblieben. Sie muss jedoch noch vor 1914 nach Wien ausgewandert sein, da die sie in diesem Jahr den jüdischen Heinrich Leicht heiratet. Die Ehe wird bereits 1918 geschieden.
In Wien arbeitet Anna Leicht als Kellnerin in unterschiedlichen Gastwirtschaften. In ihrer Freizeit geht sie gerne in das Café Henny in der Kaiserstraße 30, im 7. Wiener Gemeindebezirk, unweit ihrer Wohnung. Dort trifft sie sich mit ihren Freundinnen Anna Bittner und Marie Schmahel.
Am 12. März 1938 erlebt Anna Leicht mit, wie das freie und unabhängige Österreich mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht untergeht. Anna Leicht und Anna Bittner stehen dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber, Marie Schmahel scheint eher unpolitisch gewesen zu sein. Wähnen sich die drei alleine bzw. im vertrauten Kreise im Kaffeehaus kritisieren sie laut das System. Darüber hinaus bespucken sie das Bild Adolf Hitlers.
Von Anna Bittner und Anna Leicht ist mir wohl bekannt, dass sie staatsfeindlich eingestellt sind. Ich konnte wiederholt wahrnehmen, dass, wenn sie in das genannte Kaffeehaus kamen und ausser mir keine anderen Gäste anwesend waren, gegen das Führerbild im Lokale spuckten und dabei sagten: “Jetzt hängt er schon wieder da.” Ferner ergingen sie sich bei solchen Anlässen in den unflätigsten Beschimpfungen gegen den Führer. Dabei fielen Ausdrücke wie “Massenmörder”, usw.
Zu den Besuchern des Kaffeehauses gehört auch das Ehepaar Ferdinand und Marie Gollob. Sie sind Ohrenzeugen der Aussagen von Anna Bittner, Anna Leicht und Marie Schmahel.
In drei unterschiedlichen Anzeigen bei der Gestapo am 15. August 1942, am 29. Oktober 1942 und am 20. November 1942 denunzieren sie die drei Freundinnen. Sie bringen zur Anzeige, dass sie gehört hätten, dass ‘der Stadtrand von Wien in Folge von Feindeinwirkung vollkommen niedergebrannt’ sei, ‘die Bauern in Unruhe seien, weil man ihnen alles wegnehme’ und ‘zur Nachtzeit Unschuldige festgenommen und mittels Polizeiautos verschleppt’ würden. Marie Schmahel hätte weiters erzählt, dass in Stammersdorf der Ausnahmezustand verhängt wurde und die SS kleine Häuser niederbrennen würde. Darüber hinaus läge die Kriegsschuld bei Adolf Hitler, der Österreich in den Krieg verwickelt hätte.
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Am 23. November 1942 werden Anna Leicht und Anna Bittner von der Gestapo verhaftet, Marie Schmahel am 11. Dezember 1942. Anna Leicht war gerade nach einer Mandeloperation zu Hause und wird aus dem Krankenstand in der Wohnung, direkt in die Gestapo-Zentrale am Morzinplatz geführt. Als Grund der Verhaftung ist angegeben, dass sie ‘dringend verdächtig seien, im Juli 1942 in Wien gehässige und unwahre Nachrichten über die Partei, Gliederungen derselben und den Führer gemacht zu haben’.
Anna Leicht bleibt bis 26. Februar 1943 in Haft. Es wird ein Verfahren vor dem Sondergericht gegen sie eingeleitet, es kommt jedoch nicht zum Prozess, da man das Verfahren einstellt. Nach ihrer Haftentlassung arbeitet sie wieder als Kellnerin.
Im April bzw. Mai 1945 erlebt Anna Leicht die Befreiung Österreichs und die Wiedererrichtung der Republik. Bis 1951 arbeitet sie als Kellnerin, dann geht sie altersbedingt in Pension und übersiedelt nach Salzburg. Sie verstirbt mit 83 Jahren kinderlos in Salzburg Stadt und findet ihre letzte Ruhestätte am Kommunalfriedhof in Salzburg.
Quellen
Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)
Gräbersuche Salzburg Stadt
