Dr. Franz Virnich

Franz Virnich

Personalia

Geboren:

28. März 1882, Bonn

Gestorben:

5. April 1943, Gefängnis Brandenburg-Görden (Brandenburg)

Beruf:

Gutsbesitzer

Verfolgung:

Flucht 1934,
Haft 21.05.1940 - 05.04.1943,
Ermordet am 05.04.1943

Mitgliedschaften

A.V. Austria Innsbruck, K.D.St.V. Staufia Bonn, K.D.St.V. Ascania Bonn, K.D.St.V. Borusso-Westfalia Bonn, K.D.St.V. Rheno-Franconia München

Lebenslauf

Franz Virnich ist der Sohn des Zerrtrum-Reichstagsabgeordneten Dr. Karl Virnich, Mitgründer der Studentenverbindung Austria Innsbruck. Franz wird in Bonn geboren, besucht zunächst das Gymnasium in Bonn, wechselt dann bis 1899 in das Jesuiteninternat „Stella Matutina“ in Feldkirch. Nach Absolvierung der Landwirtschaftschule in Lüdinghausen (Westfalen) 1902 betätigt er sich eine Zeit lang auf seinen Gütern in Bonn, Jülich und im Raum M. Gladbach [heute: Mönchengladbach].

1907 beginnt er ohne Matura als außerordentlicher Hörer das Jusstudium in Bonn. Dann besucht er 1908 das Gymnasium in Saarlouis, wo er 1909 maturiert. Zum anschließenden Studium der Rechtswissenschaft geht er nach München und wird dort am 1909 bei der Studentenverbindung Rheno-Franconia aktiv. 1911 wechselt er an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Bonn, wo er der Studentenverbindung Staufia und der Studentenverbindung Ascania beitritt. 1913 schließt er sein Studium ab und absolviert nach bestandenem Referendarexamen die Referendarzeit beim AG Dülken [heute: Stadtteil von Viersen] und LG M. Gladbach.

Zwischen den Studentenverbindungen Rheno-Franconia und Austria Innsbruck besteht zu dieser Zeit ein enges Freundschaftsverhältnis, gegenseitige Besuche sind an der Tagesordnung. Es hat also nahegelegen, dass die Austria Innsbruck dem Sohn ihres Stifters, der sich um dieses freundschaftliche Verhältnis und verdient gemacht hat, anlässlich ihres 50. Stiftungsfestes 1914 auch Mitglied bei dieser Verbindung wird. 1927 gehört er schließlich zu den Mitbegründern der Studentenverbindung Borusso-Westfalia.

Von 1915–1918 wird Franz Virnich zum Kriegsdienst einberufen und ist als Gefreiter an der Westfront eingesetzt, wo er bei der letzten Offensive an der Marne verwundet wird. Wegen seines katholischen Bekenntnisses, so seine Einschätzung, wird er für eine Reserveoffizierslaufbahn nicht zugelassen. Nach dem Krieg beendet er seine Referendarsausbildung und ist 1923–1925 bei der Stadtverwaltung der Stadt Wesseling bei Köln tätig. Er zieht sich dann auf seine Güter zurück und macht dort kunstgeschichtliche Privatstudien.

Franz Virnich erkennt klar – wie wenige seiner Landsleute – die Gefahr der politischen Entwicklung in Deutschland und ist von Anfang an einen erklärten Gegner der Nationalsozialisten. Trotz Forderung des Reichsstudentenführers 1933 zum Austritt der „reichsdeutschen“ Alten Herren aus ihren österreichischen Verbindungen hält er seiner Austria Innsbruck die Treue. Auf seinen Antrag hin wird er 1935 als Urmitglied aufgenommen.

Da Franz Virnich aus seiner Einstellung nie einen Hehl macht, fertigt er nach der blutigen Röhm-Affare vom 30. Juni 1934 eine Parodie auf das „Horst-Wessel-Lied“ an.

Die Fahne hoch: Die Zeiten sind verflossen –SA marschiert nicht mehr im ruhigfesten Schritt.Kameraden, die uns Hitler meuchlings hat erschossen,Sie zieh’n im Geist in unseren Reihen mit.Zur Rache stehen alle wir bereit.Dann wehen Freudenfahnen über allen Straßen,Denn Deutschland ist von Hitler dann befreit!

Hiervon erhält die Gestapo Kenntnis. Franz Virnich wird rechtzeitig von einer bevorstehenden Hausdurchsuchung in seinem Sommerhaus in Königswinter bei Bonn unterrichtet und kann sich durch eine abenteuerliche Flucht über Luxemburg in die Niederlande vor der Verhaftung retten. Zunächst kommt er bei den Jesuiten in Valkenburg unter, dann erhält er 1935 eine Anstellung als Lehrer für Griechisch, Deutsch und Geschichte am Gymnasium der Franziskaner-Minoriten auf Schloss Wynandsrade. Hier lebt er unter dem Namen Frans Haan. Sein reger Briefwechsel mit Freunden in Deutschland (so mit seiner Schwester Dr. Maria Rafaela Virnich), Österreich (mit Friedrich Funder) und der Schweiz bleibt der Gestapo nicht verborgen. Die Gestapo kann Bonn Vollzug melden, der „Emigrant Virnich“ halte sich in Wynandsrade auf. Kurz nach der Besetzung der Niederlande wird Haan am 21. Mai 1940 nach erfolgter Hausdurchsuchung verhaftet und zur Stapo-Außendienststelle nach Bonn ins Gestapogefängnis gebracht. Obwohl der Haftbefehl am 4. Juni 1940 erlassen worden ist, wird die Anklageschrift des Oberreichsanwalts dem VGH erst am 3. Jänner 1942 zugestellt. Am 12. Februar 1941 wird er ins Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit überstellt. Die Anklage gegen ihn lautet u. a. auf „Volksverrat“ gem. § 90 f RStGB, weil er aus Deutschland in die Niederlande geflohen ist, sowie auf „Volksverleumdung“, weil er „als Deutscher im Ausland durch unwahre Behauptungen tatsächlicher Art eine schwere Gefahr für das Ansehen des deutschen Volkes herbeigeführt“ habe. Erwähnung finden u. a. auch seine „streng katholisch-kirchliche Bindungen“ sowie seine Beziehungen zu „damaligen Angehörigen einer katholischen Studentenverbindung“.

Am 25. Februar 1942 wird er vom 1. Senat des VGH unter dem Vorsitz von Dr. Otto Georg Thierack (1889–1946) [Reichsjustizminister 1942–1945] zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, wobei nur ein Jahr der U-Haft angerechnet wird. Zur Strafverbüßung wird er am 12. März 1942 ins Zuchthaus Brandenburg-Görden überstellt.

Hier verstirbt er am 5. Mai 1943 angeblich an Pneumonie [so die offizielle Todesursache] – wird ermordet. Am 7. April wird er in einem verlöteten Zinksarg auf dem Altstädter Friedhof in Brandenburg a. d. Havel „christlich beerdigt“. Die Sterbegebete hat Kaplan Stanislaus Szydzik (1915–2001) von der Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit in Brandenburg gesprochen. Er wird später Studenten- und Akademikerseelsorger, zuletzt in Bonn. Franz Virnichs Schwester Maria Rafaela hat beabsichtigt gehabt, ihren Bruder später in Köln auf dem Friedhof Melaten im Familiengrab beisetzen zu lassen, was die politischen Verhältnisse aber verhindert haben.

Nach der Wende ist das Grab von Franz Virnich durch den unermüdlichen Einsatz von Richter a. D. Franz Hubert Schorn wieder aufgefunden worden. Seit 1995 erinnert jetzt ein Gedenkstein an Franz Virnich, den seine Bundesbrüder von der Staufia Bonn und der Austria Innsbruck hier haben anbringen lassen. Die Inschrift lautet dort:

„Franz G. Virnich – Opfer der NS-Justiz. Deine Bundesbrüder AIn, R-F, St, Ase, B-W im CV“

Quellen

  • Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien), S. 372–374.

Photo: Biolex des ÖCV unter www.oecv.at/biolex; Stand: 16.10.2022.

Franz Virnich

Gutsbesitzer
* 28. März 1882
Bonn
† 5. Apr. 1943
Gefängnis Brandenburg-Görden (Brandenburg)
Haft, Flucht, Ermordet