Gräfin Anna Bertha von Königsegg BHS
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft 17.09.1940 - 28.09.1940,
Haft 16.04.1941 - 13.08.1941,
Gauverbot 1941
Lebenslauf
Anna Bertha von Königsegg wird als älteste Tochte des Grafen Franz Xaver von Königsegg und seiner Frau Hedwig, geborene von Neipperg, in Königsegg im deutschen Württemberg geboren. Die Familie zählt zum schwäbischen Uradel, welches über 300 Jahre hinweg enge Beziehungen zu Salzburg pflegt. So fungierten seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits sechs Familienmitglieder als Domherren in Salzburg.
Anna Bertha von Königsegg wächst in einer religiös-caritativ geprägten Atmosphäre heran und erhält eine für den damaligen Adelsstand typische, gut Schulbildung, bei der vor allem auf den Fremdsprachenerwerb wert gelegt wird. So spricht sie fließend Englisch, Französisch und Italienisch.
Nach ihrer Schulausbildung tritt sie in die Kongregation der Töchter der Christlichen Liebe von hl. Vinzenz und Paul (Barmherzige Schwestern) in das Zentralhaus in Paris ein. Zuvor hatte sie noch einen Kindergarten gestiftet. Ihre Probezeit absolviert Anna Bertha von Königsegg im St. Josefs-Spital in Paris. Nach ihrer Einkleidung, 1884 wird sie dem Allgemeinen Spital in Angers zugeteilt, wo sie die nächsten 12 Jahre hindurch wirkt, bevor sie 1906 ihre Ewige Profess ablegt.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 muss Anna Bertha von Königsegg Frankreich verlassen und nach Turin versetzt. 1916 geht sie nach Siena und 1919 wieder zurück nach Turin. Danach wird sie Geschäfts- und Lehrschwester im Stadtspital der Filiale San Vito. Schließlich wird Anna Bertha von Königsegg 1925 Visitatorin der Salzburger Provinz.
Sie reorganisiert die Pflegeausbildung, richtet Armenstuben ein, saniert und baut Kindergärten aus und kümmert sich um die Ausbildung junger Frauen. Von November 1935 bis März 1936 wird sie zur außerordentlichen Visitatorin der Kölner Provinz der Kongregation der Töchter der Christlichen Liebe von hl. Vinzenz und Paul, nachdem die in Deutschland herrschenden Nationalsozialisten unter falschen Vorwürfen, gegen diese Provinz vorgegangen sind.
Anna Bertha von Königsegg muss als Gegnerin des Nationalsozialismus erleben, wir in der Nacht von dem 11. auf den 12. März 1938 Österreich untergeht und die Nationalsozialisten gemeinsam mit der deutschen Wehrmacht die Macht übernehmen. Als Visitatorin versucht sie ihre Mitschwestern zu schützen und zu beruhigen.
Die neuen Machthaber drängen die Barmherzigen Schwestern Stück für Stück aus ihren Heimen, Kindergärten und Schulen, beschlagnahmen die Gebäude und führen diese Staats- oder Parteizwecken zu. Die arbeitslos gewordenen Schwestern werden von Anna Bertha von Königsegg als Pfarrhelferinnen oder Krankenschwestern in den ordenseigenen Krankenhäusern eingesetzt.
Doch auch die ordenseigenen Krankenhäuser werden sukzessive von den Nationalsozialisten übernommen, die geistlichen Krankenschwestern entlassen und durch NSV-Schwestern ersetzt. So zB am 15. April 1939 das Krankenhaus in Kufstein, oder am 1. Jänner 1940 das Krankenhaus in Wörgl. Gleichzeitig steuert die NSDAP eine Kampagne, in welcher den Barmherzigen Schwestern seelenerpresserische Methoden, die sich würdig den Praktiken der mittelalterlichen Inquisition an die Seite stellen, vorgeworfen werden.
Ein weiterer Konflikt entsteht, als das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 und das Gesetz zum Schutz von Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18. Oktober 1935 Anfang 1940 in der “Ostmark” umgesetzt werden.
Dies bedeutet, dass in den Landeskrankenhäusern Zwangssterilisationen stattfinden. Anna Bertha von Königsegg weißt daraufhin ihre Schwestern darauf hin an, dass ihnen jegliche Mitwirkung an solchen Eingriffen untersagt ist. Dabei stützt sie sich auf ein Rundschreiben des Erzbischöflichen Generalvikariats Köln.
Durch diese Weisung schaffen es die Barmherzigen Schwestern sich völlig aus den nationalsozialistischen Zwangssterilisationen herauszuhalten, ohne dass ihnen daraus ein Nachteil erwächst. Die überwiegend katholische Ärzteschaft neigt zu einer gewissen Nachgiebigkeit gegenüber den Ordensschwestern, zumal diese in den Spitälern eine sehr wichtige Unterstützung darstellen.
Im August 1940 ereignet sich ein weiterer, folgenschwererer Vorfall. Die Oberin der ordenseigenen Versorgungsanstalt Schernberg erhält ein als vertraulich gekennzeichnetes Schreiben der Reichsstatthalterschaft, in dem die Verlegung einer größeren Anzahl der dort untergebrachten Patienten angekündigt wird. Anna Bertha von Königsegg erkennt, dass es sich bei der scheinbar harmlosen Ankündigung, um den Auftakt der Euthanasie-Aktion handelt. Sie stellt sich schützend vor die Patienten und verfasst einen Antwortbrief.
Auf diesen Brief hin, wird Anna Bertha von Königsegg von der Gestapo am 17. September 1940 vorgeladen. In Verhören will die Gestapo wissen, von wem sie die Informationen zum Euthanasieprogramm hat. Da sie diese nicht bekanntgibt, bleibt sie bis 28. September 1940 in Haft. Die Patienten werden danach auf Kosten des Ordens vorerst in der Versorgungsanstalt Schernberg bealssen.
Im Jänner 1941 wird die Verlegung von geistig behinderten Kindern aus der ordenseigenen Anstalt Mariatal bei Kramsach in Tirol bekannt. Abermals wendet sich Anna Bertha von Königsegg an Gauleiter Friedrich Rainer, in seiner Funktion als Reichsverteidigungskommissar, schriftlich und bietet an, sämtliche Kosten zu übernehmen.
Zwar passiert auf dieses Schreiben keine unmittelbare Reaktion, Anna Bertha von Königsegg ist jedoch alarmiert. Sie fürchtet die Klosteraufhebung und Vermögensentziehung durch die Nationalsozialisten. Daher weist sie alle Schwestern über 50 Jahre an, Sparbücher anzulegen, die im Notfall als Privateigentum ausgewiesen werden können.
Etwa zwei Monate später schlägt das nationalsozialistische Regime zurück. Am 11. April 1941 wird Anna Bertha von Königsegg davon in Kenntnis gesetzt, dass der Abtransport der Patienten der Anstalt Schernberg nunmehr unmittelbar bevorsteht. Abermals wendet sich Anna Bertha von Königsegg schriftlich an der Gauleiter. Am 15. April 1941 schickt die Gestapo zwei Beamte in das Salzburger Zentralhaus, um Anna Bertha von Königsegg zu verhaften. Diese befindet sich aber gerade auf Visite in Kirchbichl in Tirol. Zwar kann sie noch von der bevorstehenden Verhaftung gewarnt werden, Anna Bertha von Königsegg weigert sich zu fliehen und erwartet ihre Häscher.
Am 16. April 1941 wird Anna Bertha von Königsegg von der Gestapo in Kirchbichl verhaftet und per Auto nach Salzburg gebracht. Noch am selben Tag werden 68 Patienten aus der Landesheilanstalt Salzburg abtransportiert. In Transporten am 21. April 1941, am 20. Mai 1941 und am 4. August 1941 wird die Anstalt Schernberg geleert und am 23. Mai 1941 wird die Anstalt Mariatal geleert. Die Patienten werden dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zugeführt.
Anna Bertha von Königsegg wird am 13. August 1941 wieder aus der Haft entlassen, erhält aber ein Gauverbot. Sie fährt in das Gut ihres Bruders in Königswaldegg. Das gesamte Vermögen der Barmherzigen Schwestern in Salzburg wird wegen Volks- und Staatsfeindlichkeit beschlagnahmt.
In Königswaldegg erlebt Anna Bertha von Königsegg die Kapitulation des Dritten Reiches. Sofort macht sie sich auf den Weg in das befreite Österreich und kommt am 23. Juni 1945 wieder im Mutterhaus in Salzburg an. Sofort macht sie sich an den Wiederaufbau der Niederlassungen der Barmherzigen Schwestern in Salzburg.
So kann die Anstalt Schernberg 1946 wieder eröffnet werden. Mitten in der Wiederaufbauarbeit macht sich eine bereits als überwunden geglaubte Krankheit aus dem Jahre 1941 wieder bemerkbar. Operationen und Bestrahlungen können nicht mehr helfen. Anna Bertha von Königsegg verstirbt am 12. Dezember 1948 in Salzburg.
Orte
Wirkungsstätte:
Quellen
- Mikrut, Jan (2000): Blutzeugen des Glaubens. Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Band 3 (Wien), S. 221–244.