Polizeioberst Emil Kristen

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Emil Kristen
Bild: BPDion Wien

Personalia

Geboren:

18. September 1888, Goldstein

Gestorben:

29. März 1962, Wien

Beruf:

Polizeibeamter

Verfolgung:

Haft 12.03.1938 - 02.04.1938,
KZ Dachau 02.04.1938 - 06.02.1940,
Entlassung 10.01.1939

KZ-Nummer:

13856

Lebenslauf

Emil Kristen kommt in Goldstein in Mähren [heute: Branná in Tschechien] als unehelicher Sohn von Emilie Kristen zur Welt. Bereits sehr früh siedelt er mit seiner Mutter nach Wien, da er dort die Volks- und Bürgerschule besucht. Im Anschluss erlernt er das Buchbinder- und Vergolderhandwerk. 1909 wird er zum Militärdienst im Infanterieregiement Nr. 93 eingezogen, wo er am 27. August 1913 ausscheidet.

Am 1. Dezember 1913 tritt Emil Kristen seinen Dienst in der Wiener Sicherheitswache an. Bereits am 31. Juli 1914 wird er zur Kriegsdienstleistung einberufen und nimmt in an Feldzügen in Serbien und Italien teil. 1915 heiratet er Anna Jordak und wird in weiterer Folge Vater von vier Söhnen. 1917 wird er vom Felddienst beurlaubt, um wieder bei der Sicherheitswache zu dienen.

In Wien erlebt Emil Kristen die Niederlage Österreich-Ungarns, die Zerschlagung der Doppelmonarchie und die Vertreibung der Habsburger. 1919 avanciert er zum Rayonsinspektor und 1925 zum Revierinspektor. Er holt die Matura nach und steigt zum Polizeioffizier auf. 1934 wird er schließlich zum Polizeimajor und Abteilungsinspektor befördert. Er wird 1930 leitender Beamter der Polizeidirektion Währing und stellvertretender Gefangenenhaus-Abteilungsleiter der Sicherheitsabteilung Wien. 1934 wird er schließlich zum Polizeimajor und Abteilungsinspektor befördert. Emil Kristen ist erbitterter Gegner des Nationalsozialismus. Nationalsozialisten entgegnet er mit aller Härte.

Im Oktober 1934 wurde der Betroffene mit der Leitung dieser Abteilung betraut und hatte dieses Amt bis zum Umbruche inne. In dieser Stellung wurde Kristen durch sein rücksichtsloses Vergehen gegen politische Häftlinge und auch gegen seine Untergebenen, in kurzer Zeit berüchtigt. Seine Rücksichtslosigkeit und Brutalität kannte speziell dann keine Grenzen, wenn es sich um inhaftierte Nationalsozialisten handelte. Er ging dabei weit über seine dienstlichen Obliegenheiten hinaus. Er ließ keine Gelegenheit unbenützt, um durch eigenmächtige Schikanen die inhaftierten Nationalsozialisten zu quälen. Beschimpfungen der Gefangenen, eigenmächtige Entziehung der Sprecherlaubnis und Störungen der Nachtruhe durch fortwährende Visiten waren die Fleißaufgaben, die Kristen machte. Sein Vorgehen im Notarrest in der Armbrustergasse, im Jahr 1934, wo hundert nationalsozialistische Geiseln zusammengepfercht waren, charakterisiert Kristen von am deutlichsten.

[Anm.: Emil Kristen war nur Stellvertretender Abteilungsleiter. Die Bezeichnung hier ist falsch.]

Beurteilung der Gauleitung Wien über Emil Kristen vom 22. Juli 1942

Noch in der Nacht vom 11. März 1938 auf den 12. März 1938, der Nacht des Einmarsches der deutschen Wehrmacht in Österreich, wird Emil Kristen im Polizeigefängnis in der Roßauerlände verhaftet und mit dem sogenannten 'Prominententransport' am 2. April 1938 in das KZ Dachau deportiert. Dort bleibt er als kleiner Teil zurückbleibender Gefangener, als das Konzentrationslager nach dem Überfall Hitler-Deutschands auf Polen für die SS kurzfristig geräumt wird. Seine Entlassung aus dem Polizeidienst erfolgt am 10. Jänner 1939.

Unmittelbar nach der Abdankung des Kanzlers Dr. Schuschnigg am Abend des 11. März 1938 ließ er [Fritz Unger] als Leiter des polizeilichen Gefängnisses auf der Roßauerlände die ihm bekannten Gegener des Nazismus, von denen Widerstand zu erwarten war, entwaffnen und verhaften, so den Wachkommandanten Polizeimajor Emil Kristen. […] Durch [Ungers] Denunziation kam Major Kristen nach Dachau […].

Ein Wegbereiter des Nazismus. In: Wiener Zeitung vom 21. Mai 1947, S. 3

[…] Durch die jede Grundlage entbehrende Außerdienststellung und Verhaftung des Gefertigten, erhielt die Gattin mit den 4 unversorgten Kindern durch ca. 3 Monate keinen wie immer gearteten Bezug und war auf das Almosen von Verwandten und Bekannten angewiesen. Dabei ergab sich, dass die unschuldige Familie während dieser Zeit manchmal tagelang kein Stückchen Brot im Hause hatte und besonders die Kinder bitteren Hunger leiden mussten. Um bei den Fürsorgeeinrichtungen der NSDAP um Unterstützung zu betteln, dazu war sich meine Gattin mit Recht zu gut und Edel. […]

Emil Kristen am 5. Juni 1945

Emil Kristen wird am 6. Februar 1940 aus dem Konzentrationslager entlassen. Er beginnt bei der Krankenversicherung 'Mittelstandshilfe' zu arbeiten und avanciert in weiterer Folge vom Vertreter zum Geschäftsführer auf.

In Wien erlebt Emil Kristen die Befreiung Österreichs und die Wiedererrichtung der Republik im April bzw. Mai 1945. Bereits am 12. April 1945 meldet er sich zum polizeilichen Hilfsdienst und wird provisorischer Kommandant des Gefangenenhauses in der Rossauerlände. Am 24. April 1945 wird er offiziell in dieser Funktion bestätigt.

Emil Kristen hat die Position des Kommandanten des Gefangenenhauses bis zu seiner Ruhestandsversetzung am 31. März 1952 inne. Er verstirbt mit 73 Jahren in Wien und findet seine letzte Ruhestätte am Friedhof in Wien-Baumgarten.

Orte

Wohnort:

Verfolgung:

KZ Dachau (Deutschland)

Quellen

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)

Archiv der BPDion Wien

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)

Emil Kristen

Polizeibeamter
* 18. September 1888
Goldstein
† 29. März 1962
Wien
Entlassung, Haft, KZ Dachau