Dr. Johann Gruber

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Johann Gruber (ÖVfStG)

Personalia

Geboren:

20. Oktober 1889, Tegernbach

Gestorben:

7. April 1944, KZ Gusen

Beruf:

Priester

Verfolgung:

Haft 10.05.1938 - 19.05.1938,
Landesgerichtsgefängnis 19.05.1938 - 03.08.1938,
schwerer Kerker in der Strafanstalt Garsten 03.08.1938 - 08.02.1940,
Haft 08.02.1940 - 04.04.1940,
KZ Dachau 04.04.1940 - 16.08.1940,
KZ Gusen I 16.08.1940 - 07.08.1944,
Ermordet am 07.04.1944

KZ-Nummer:

43050

Mitgliedschaften

K.a.V. Norica Wien

Lebenslauf

Nach dem jähen Tod seiner Eltern 1900 kommt Johann Gruber als Vollwaise zunächst zu seinem Vormund Josef Fischer. Ab 1903 erhält er auf Vermittlung von Dechant Georg Wagnleithner (1861–1930) aus Grieskirchen im Bischöflichen Knabenseminar Collegium Petrinum in Linz seine weitere Ausbildung. Nach seiner 1910 mit Auszeichnung bestandenen Matura tritt er ins Linzer Priesterseminar ein und ist neben dem Studium als Präfekt im Schülerheim Salesianum tätig.

Nach seiner Priesterweihe 1913 ist er zuerst in der Pfarrseelsorge tätig, wechselt aber später in den Schuldienst als Lehrer beim Katholischen Waisenhaus in Linz. Bischof Johannes M. Gföllner (1867–1941) ermöglicht Johann Gruber das Studium der Philologie in Wien. 1919 wird er Mitglied der Studentenverbindung Norica und promoviert schließlich 1923. Nach Ablegung der Lehrbefähigungsprüfung für Volks-, Haupt- und Mittelschulen kehrt er nach Linz zurück und wird ab 1934 als geistlicher Direktor mit der Leitung des Privat-Blindeninstituts in Linz-Urfahr betraut.

Seine ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus und der neuen Regierung nach dem Anschluss werden ihm zum Verhängnis. Am 9. Mai 1938 wird Johann Gruber von seinem Oberlehrer Josef Baumgartner unter Vorlage von sogenannten „belastendem Material“ bei der Gestapo angezeigt. Neben angeblichen politischen Äußerungen wie z. B. „Die Deutschen haben unser Nest beschmutzt. Die jetzige Regierung müsse sich mit Lügen forthelfen. Scheißinquart!“ u. a., bildet aber vor allem der Vorwurf der unsittlichen Berührungen von blinden Mädchen den Schwerpunkt der angeblichen Vergehen. Er wird daraufhin am 10. Mai 1938 in Polizeihaft genommen. Die Anzeiger erstellen eine „Denkschrift“ mit den Vorwürfen gegen Johann Gruber und leiten diese dem Gauleiter zu. Am 17. Mai, also eine Woche später, wird er erstmals von der Gestapo verhört, am 19. Mai 1938 erstattet der Oberstaatsanwalt Anzeige und lässt Johann Gruber ins Landesgerichtsgefängnis überstellen. Am 27. Mai 1938 beginnt die gerichtliche Voruntersuchung und am 2. August die erste Hauptverhandlung vor dem Landesgericht in Linz, das mit dem Urteil am 3. August: drei Jahre schweren Kerkers, verschärft durch einen Fasttag vierteljährlich, endet.

Die Revisionsverhandlung vor dem OLG am 16. Jänner 1939 bis 24. Jänner 1939 verurteilt Johann Gruber wegen NS-feindlicher Äußerungen über den Österreichischen Nationalsozialisten Seyß-Inquart sowie wegen „Verwerflichkeit seines Charakters“, d. h. wegen angeblicher sittlicher Verfehlungen gegenüber seinen Schülern, zu zwei Jahren schwerem Kerker in der Strafanstalt Garsten. Verschiedene Einsprüche wegen der von Baumgartner konstruierten Vorwürfe werden vom 6. Senat des Reichsgerichts in Leipzig am 6. Juni 1939 verworfen, obwohl Johann Gruber unschuldig ist. Nach der bedingten Haftentlassung am 8. Februar 1940 wird er der Gestapo in Linz überstellt und am 4. April 1940 zur „Strafauffüllung“ als politischer Häftling in das KZ Dachau gebracht. Von dort kommt er am 16. August 1940 mit weiteren Priestern als Häftling „DR-Schutz Nr. 43050“ über das KZ Mauthausen in das KZ Gusen. Ab 20. August 1940 ist er Pfleger im Häftlings-Krankenrevier, wobei ihm wiederholt die illegale Beschaffung von Medikamenten für kranke Häftlinge gelingt. 1942 bis 1944 ist Johann Gruber auch als „Museums-Kapo“ mit der Lagerung und dem Abtransport von archäologischen Funden befasst. Er organisiert in dieser Zeit heimlich eine systematische Betreuung von inhaftierten Kindern und Jugendlichen verschiedener Nationen und erteilt Schulunterricht für polnische Jugendliche. Im Frühjahr 1943 gelingt es Johann Gruber, wahrscheinlich über Zivilisten bei den Außenkommandos im Steinbruch und in Rüstungswerken, einen unzensurierten Schriftverkehr mit Freunden in Linz und Wien aufzunehmen und so die Außenwelt mit seinem sog. Weißbuch über die Zustände im KZ zu informieren. Der Kassiberschmuggel wird im März 1944 von der Gestapo Wien aufgedeckt, Johann Gruber kommt daraufhin am 4. April 1944 in Isolationshaft, wo er durch Quälereien zum Selbstmord getrieben werden soll. Der Lagerkommandant SS-Hauptsturmführer Fritz Seidler (1907–1945) lässt ihn drei Tage lang nackt im Betonbunker einsperren und mit kalten Duschen übergießen.

Am 7. April 1944, Karfreitag, wird Johann Gruber mit Stacheldraht gegeißelt, durch 17 Bajonettstiche schwer verwundet und von Seidler mit den Worten: „Du sollst verrecken wie dein Meister, zur dritten Stunde“, solange getreten, bis ihm die Gedärme herausquellen. Hierauf wird der Leichnam an einen Baum gehängt, um den Anschein eines Selbstmordes zu erwecken – so der Augenzeugenbericht eines polnischen Lagerarztes. Als seine letzten Worte sind, überliefert: „Danke mein Gott!“ und in Richtung seiner Peiniger: „Der Krieg ist sowieso für euch verloren.“ Erst ein Jahr später wird das Bischöfliche Ordinariat verständigt: Dr. Johann Gruber ist „freiwillig durch Erhängen aus dem Leben geschieden“, seine Asche könne abgeholt werden. Überlebende Häftlinge berichten am 5. Mai 1945, einen Tag nach der Befreiung des Lagers, dem Bischöflichen Ordinariat über das Martyrium Johann Gruber. 1987 wird ein Seligsprechungsverfahren beantragt. Auf Antrag werden 1999 vom LG Linz alle politischen Urteile gegen ihn aufgehoben. 2007 gründet sich ein „Papa Gruber Kreis“ mit dem Ziel, Person und Wirken in die Öffentlichkeit zu bringen; 2011 wird die „DENK.STATT Johann Gruber“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Aktivitäten ist die vollständige Rehabilitierung Johann Gruber. Das LG für Strafsachen in Wien hebt mit Urteil vom 7.1.2016 auch das OLG-Urteil vom 16./24. Jänner 1939 wegen eines angeblichen Sittlichkeitsdeliktes auf, womit die vollständige Rehabilitierung Johann Gruber erfolgt ist.

Orte

Verfolgung:

KZ Dachau (Deutschland), KZ Gusen I (St. Georgen an der Gusen), KZ Mauthausen

Ehrung:

Johann Gruber Pfarrheim (St. Georgen an der Gusen)

Quellen

Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 105-107.

Johann Gruber

Priester
* 20. Okt. 1889
Tegernbach
† 7. Apr. 1944
KZ Gusen
Haft, KZ Dachau, KZ Gusen I, KZ Mauthausen, Ermordet