Dr. Ignaz Tschurtschenthaler
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft 12.03.1938 - 24.05.1938,
KZ Dachau 24.05.1938 - 27.09.1939,
KZ Flossenbürg 27.09.1939 - Frühjahr 1940,
Enteignung 1940,
Arbeitsverbot 1940,
Gauverbot 1940
KZ-Nummer:
Mitgliedschaften
Lebenslauf
Der Gailtaler Ignaz Tschurtschenthaler wird auf Anraten seines Volksschullehrers nach Klagenfurt ins Bischöfliche Knabenseminar Marianum geschickt. Da er sich nicht zum Priestertum berufen fühlt, scheidet er zu Beginn der Oberstufe aus dem Seminar aus und absolviert als Externist das Gymnasium. Seinen Lebensunterhalt verdient sich der Vorzugsschüler durch Nachhilfestunden und den Verkauf von Eiern. Er tritt der Mittelschulverbindung Karantania Klagenfurt bei und ist im WS 1908/09 der Initiator der Gründung der Mittelschulverbindung Gothia (heute Babenberg) für Realschüler. Diese Aktivitäten stören die bisher unangefochtene Vorrangstellung der freiheitlichen und alldeutschen Mittelschulverbindungen in Klagenfurt. Ignaz Tschurtschenthaler ist den Anfeindungen der radikal liberalen Professorenschaft ausgesetzt und wird sechs Wochen vor der Matura vom Gymnasium verwiesen. Im Zusammenhang damit und dem „Auffliegen“ seiner beiden Verbindungen führt er einen in ganz Österreich beachteten Ehrenbeleidigungsprozess gegen den Professor und Landtagsabgeordneten Dr. Hans Angerer (1871–1944). Durch Intervention des Ministers Dr. Albert Gessmann (1852–1920) kann Ignaz Tschurtschenthaler am Stiftsgymnasium in Klosterneuburg 1909 die Matura dann doch noch ablegen. Er geht anschließend nach Graz, um dort Jus zu studieren. 1909 wird er Mitglied der Studentenverbindung Traungau Graz. Nach der Promotion 1913 entscheidet er sich für die Rechtsanwaltslaufbahn, wird Konzipient in Innsbruck und Klagenfurt, wo er 1925 eine eigene Rechtsanwaltskanzlei eröffnet.
Ignaz Tschurtschenthaler engagiert sich auch in der Christlichsozialen Partei [CSP], wird 1926–1934 Gemeinderat in Klagenfurt und kurzfristig 1934 Mitglied des Bundesrates. Ferner ist er Präsident des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer von Kärnten. Beim Juliputsch der Nationalsozialisten 1934 entkommt er mit seiner Gattin nur knapp einem Attentat. 1934–1938 vertritt er Kärnten im Staatsrat.
Beim Anschluss wird Ignaz Tschurtschenthaler schon in der Nacht zum 12.3.1938 von den Nationalsozialisten verhaftet und ins Klagenfurter Polizeigefängnis gebracht. Die SA besetzt sein Wohnhaus und richtet dort ihr Büro ein, seine Bankkonten werden gesperrt (Behebungen sind nur mit Genehmigung der Gestapo möglich), und sein Seehaus wird für die SS-Führer beschlagnahmt. Ohne jedes Verhör oder jede Gerichtsverhandlung wird er im Anschluss an die Polizeihaft am 24.5.1938 nach Dachau ins KZ eingeliefert und am 27.9.1939 ins KZ nach Flossenbürg überstellt, vermutlich Frühjahr 1940 wird er schwerkrank nach Klagenfurt entlassen. [Ob er unmittelbar aus Flossenbürg oder erst nach Rückstellung in Dachau entlassen worden ist, geht aus den Unterlagen des DÖW nicht eindeutig hervor.]. Er erhält Berufs- und Gauverbot und wird aus der Liste der Rechtsanwälte gestrichen. Bereits nach zwei Tagen muss er seine Heimat verlassen. Er geht daraufhin nach Wien. Nach einem mehrmonatigen Genesungsaufenthalt in einem Badener Sanatorium nimmt er die Ausbildung zum Gebäudeverwalter und Steuerberater auf und studiert zu diesem Zweck auch an der Hochschule für Welthandel, wo er 1944 als Diplomvolkswirt abschließt.
Im Oktober 1942 wird er als Helfer in Steuerangelegenheiten zugelassen. Er muss sich wöchentlich bei der Gestapo melden und immer wieder um diverse Arbeitsbewilligungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes kämpfen. In der Nacht zum 19.3.1945 kehrt er nach Kärnten zurück und versteckt sich bis zum Einmarsch der Engländer in seiner Klagenfurter Wohnung.
Nach dem Krieg nimmt Ignaz Tschurtschenthaler seine Rechtsanwaltstätigkeit wieder auf. Sein Haus (das SA-Büro) wird von den Engländern für zwei Jahre besetzt gehalten. So ist er gezwungen, seine Rechtsanwaltskanzlei und seine Wohnung in einem Notquartier aufzuschlagen. Er beteiligt sich an der Gründung der Landes-ÖVP. 1945–1949 wird er in den Nationalrat gewählt und 1950 zum Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes bestellt.
Orte
Verfolgung:
Wohnort:
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 361/362.; Photo: ÖVfStg