Hofrat Dr. Josef Paul

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Josef Paul
Bild: DÖW

Personalia

Geboren:

17. März 1907, Wien

Gestorben:

17. September 1995, Wien

Beruf:

Polizeibeamter

Verfolgung:

Haft 12.03.1938 - 02.04.1938,
KZ Dachau 02.04.1038 - 27.09.1939,
KZ Mauthausen 27.09.1939 - 10.02.1940,
Entlassung 31.01.1939

KZ-Nummer:

13864

Mitgliedschaften

K.Ö.St.V. Jung-Dietrich Wien, Österreichische Volkspartei, ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich

Lebenslauf

Josef Paul kommt in Wien als ehelicher Sohn des Angestellten der Wiener städtischen Straßenbahn Josef Paul und seiner Gattin Rosalia, geborene Weihs, zur Welt. Nach seiner Matura am Bundesgymnasium im 8. Wiener Gemeindebezirk inskribiert er 1928 Jus an der Universität Wien. Am 22. März 1933 wird er zum Doktor der Rechte promoviert und absolviert im Anschluss seine Gerichtspraxis. 1934 tritt er einen Posten als Polizeijurist am Bezirkspolizeikommissariat Ottakring in der Hubergasse an. Er engagiert sich in der Vaterländischen Front und dieser nahestehenden Organisationen. 1937 heiratet er Siegfriede Antoni und wird Vater zweier Söhne. Als Polizeijurist in Ottakring hat er es besonders mit illegalen Nationalsozialisten zu tun hat. Diesen steht er besonders ablehnend gegenüber und verfolgt diese mit entschiedener Härte.

Dr. P. hat sich als Polizeireferent mit besonderer Schärfe gegen die NS gewandt, bei denen er stets das Höchstmass an Strafen verhängte. […] Er beschränkte sich bei seinen Amtshandlungen gegen NS nicht auf seinen Dienstbezirk, sondern griff aus eigener Initiative auch über diesen hinaus.

Das Verhalten des Dr. Paul war ein derartiges, dass eine Entlassung dzt. noch nicht in Erwägung gezogen werden kann.

Gestapo Wien vom 9. Jänner 1939 über eine mögliche Entlassung aus dem KZ Dachau

Am 12. März 1938 muss Josef Paul erleben, wie mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht das freie und unabhängige Österreich untergeht. Noch am Tag der Besetzung wird er um acht Uhr in der Früh aufgrund einer schon vorbereiteten Liste von vier bewaffneten SA-Männern verhaftet, zunächst ins Bezirkspolizeikommissariat Ottakring gebracht, wo sein Kollege Dr. Josef Auinger (1897–1961) den Arrestzettel unterschrieben hat. Auinger ist seit 1934 Mitglied der damals illegalen NSDAP gewesen, hat Josef Paul ausgeforscht und angezeigt. Von Ottakring wird er in das Polizeigefangenenhaus Rossauer Lände überstellt. Kurz darauf wird auch Leopold Figl in diese Einzelzelle, in der noch weitere 4 Häftlinge untergebracht werden, eingewiesen. Bis Ende März ist er im Gefangenenhaus in der Sennhofgasse [heute Hahngasse]. Am 2.April 1938 wird er mit dem ersten Transport, dem sogenannten 'Prominententransport', als Nr. 53 der Gestapoliste in das KZ Dachau deportiert. Von dort erfolgt am 27. September 1939 seine Überstellung in das KZ Mauthausen, da durch den Überfall auf Polen das KZ Dachau kurzfristig für die SS geräumt wird.

[…] dann [wurde ich] am 12. März 1938 um ca. acht Uhr früh aufgrund einer aufgestellten Liste [von] vier bewaffnete[n] SA-Männer[n] aus der Wohnung geholt. […] Sie haben mich zum Kommissariat Ottakring gebracht. […] Dann wurde ich in die Roßauer Lände transportiert. Ich kam da zunächst in eine Einzelzelle. […] Und nachmittags […] hab ich einen Zuwachs bekommen. Das war niemand anderer als unser späterer Bundeskanzler Leopold Figl. […] Dann sind wir zum Teil übersiedelt worden in das Gefangenenhaus der Gemeinde Wien in der Hahngasse. Da haben wir größerer Räume gehabt, und dort war ich dann bis Ende März. Am letzten Märztag wurden wir auf einmal rasiert usw., Fingerabdrücke wurden von uns gemacht. Danach sind wir gesammelt worden - wieder in andere Zellen - nach dem Buchstaben. Da haben wir gewußt, es geht irgendwohin. […] Wir haben bald gemerkt, dass wir wahrscheinlich nicht nach Wöllersdorf gebracht werden - dorthin hätte man uns mit Autos geführt -, sondern dass es nach Dachau geht.

Paul, Josef: Der erste Transport, in: Erzählte Geschichte, Bd. 2 S. 165 f.

Ohne vorherige Einvernahme und ohne jegliche Verhandlung über die Begründung der Inhaftierung wird er am 10. Februar 1940 nach 23 Monaten KZ-Haft entlassen. Mit 37 kg Körpergewicht kehrt Josef Paul nach Hause zurück, arbeitet kurz bei der Allianz-Versicherung und wird bereits wenige Monate später, am 1. Dezember 1940, zur Luftwaffe eingezogen. Zu Kriegsende gerät er am 25. Februar 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Dort erlebt er die Befreiung Österreichs und die Wiedererrichtung der Republik.

Josef Paul kehrt am 10. September 1945 heim und tritt wieder seinen Dienst bei der Bundespolizeidirektion Wien an. Er wird Gründer und Leiter des Auslandsreferats, welches für Repatriierungen zuständig ist. Zwischen 1949 und 1970 ist er Stadthauptmann des 9. Wiener Gemeindebezirks und 1971 Stadthauptmann des 1. Wiener Gemeindebezirks und Leiter der kriminalpolizeiliehen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien. Ehrenamtlich engagiert er sich in der neugegründeten Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich und der Mittschülerverbindung Jung-Dietrich.

Josef Paul
Photo von Josef Paul
Bild: DÖW

1972 tritt Josef Paul in den Ruhestand über. Er verstirbt mit 88 Jahren und findet seine letzte Ruhestätte am Wiener Zentralfriedhof.

Orte

Verfolgung:

KZ Dachau (Deutschland), KZ Mauthausen

Wohnort:

Quellen

  • Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien), S. 245/246.

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)

Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)

Archiv der Universität Wien

Paul, Josef: Der erste Transport, in: Erzählte Geschichte, Bd. 2

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Josef Paul

Polizeibeamter
* 17. März 1907
Wien
† 17. September 1995
Wien
Entlassung, Haft, KZ Dachau, KZ Mauthausen